"Kampf um Rojava, Kampf um die Türkei": Am Dienstag, 14. Januar 2020, fand im Rahmen von "Bachelor & More" ein Vortrag mit Ismail Küpeli (Foto), Politikwissenschaftler und Historiker, statt. Er analysierte darin die Konflikte in der Türkei, im Nahen und Mittleren Osten:
Die Facetten türkischer Politik in den kurdischen Gebieten der Türkei und der syrisch-kurdischen Autonomieregion Rojava
Der Vortrag war gut besucht - sowohl von Seiten der EvH RWL, als auch von rund 45 externen Interessierten. Es nahmen auch einige Studierende und Studieninteressierte mit kurdischem Hintergrund teil, die die Veranstaltung initiiert und inhaltlich mitgestaltet hatten.
Zum Inhalt: Ausgehend von der zentralen Bedeutung der "Kurdenfrage" sollte die Perspektive auf die andere Seite der nationalstaatlichen Grenze der Türkei gerichtet werden: nach Rojava in Syrien. Hier wurde zum einen danach gefragt, ob Rojava eine Alternative zum Nationalstaat darstellt. Zum anderen wurden die Folgen des Afrin-Krieges sowohl für Rojava als auch für die Türkei selbst betrachtet. Dabei wurden ebenfalls die geschichtlichen Kontinuitäten der "Kurdenfrage" debattiert. Besonderer Fokus lag auf der Rolle der Türkei, die im Oktober 2019 in Nordsyrien einmarschiert ist und seitdem dort "Krieg auf niedriger Intensitätsstufe" (Zitat Küpeli) führt sowie eine Türkisierung, bzw. Arabisierung betreibe. Der türkische Staat negiere seit seiner Gründung 1923 die Existenz der kurdischen Bevölkerung in der Türkei und im Nahen Osten. Und selbst heute ziele die türkische Innen- und Außenpolitik darauf ab, die Kurd_innen weder in der Türkei noch in der Region über politische Macht verfügen zu lassen. Der Krieg in den kurdischen Gebieten der Türkei und die Angriffe der Türkei auf die syrisch-kurdische Autonomieregion Rojava seien Facetten der türkischen Politik, die zum Ziel habe, die Kurd_innen in der gesamten Region zurückzudrängen.
Zum Abschluss gab es eine ausführliche und sachlich konstruktive Diskussion über die kurdische Minderheit in Deutschland - die oft gar nicht wahrgenommen, sondern als "Türken", "Araber" gekennzeichnet werde -, über die Rolle Deutschlands in der Region und den wissenschaftlichen Diskurs über die Kurdenfragen.