Elena Garcia Santos hatte die Aufmerksamkeit gleich auf ihrer Seite. "Sie sind für mich alle interessant, wenn Sie mit Ihrem Studium fertig sind", wandte sich die Mitarbeiterin vom Amt für Personalmanagement der Stadt Bochum an die rund 80 gebannt lauschenden EvH-Studierenden. Stelle sie doch für etliche städtische Dezernate Sozialarbeiter_innen ein.
„Berufseinstieg in der Sozialen Arbeit – Perspektiven von Anstellungsträgern und Berufsverbänden“: Spannende Einblicke erhielten Studierende des 5. und 6. Semesters jetzt an der Evangelischen Hochschule. Als Referent_innen geladen waren Vertreter von Arbeiterwohlfahrt (AWO) Westliches Westfalen, der Stadt Bochum, der Gewerkschaft Verdi sowie der EvH selbst.
Berufseinstieg über ein Trainee-Programm
Bei städtischen Einstellungsverfahren gucke sich ein ganzes Gremium die Bewerber_innen an, so Garcia Santos. Nicht selten müssten letztere auch damit rechnen, sich auf ein Rollenspiel einzulassen. "Sie sind der Sozialarbeiter und erklären verunsicherten oder ärgerlichen Eltern eine bestimmte Situation", gab sie ein Beispiel aus der Praxis. Am besten nutze man dabei schlicht den gesunden Menschenverstand. "Verhalten Sie sich so, wie Sie auch in Ihrem Alltag auf ein solches Szenario reagieren würden."
Der Einstieg in die Verwaltung laufe dann über ein einjähriges Trainee-Programm. Auch, wenn frisch gebackene Sozialarbeiter_innen in diesem Jahr noch nicht das volle Einstiegsgehalt nach TVöD (S 11 b) erhielten, habe das Programm einige Vorteile. "Das ist ein begleiteter Start in die Soziale Arbeit", so Petra Zimmermann vom Sozialdezernat der Stadt Bochum. "Sie sind noch frei, können sich und Ihr Berufsbild gemeinsam mit einem Mentor, einer Mentorin ausprobieren." Überdies liege die Übernahme-Quote mit 95 Prozent sehr hoch.
Karriere und Familie unter einen Hut bekommen
EvH-Alumna Eleonore Liesebach von der Personalentwicklung der Arbeiterwohlfahrt Westliches Westfalen schilderte den Studierenden ihren eigenen Werdegang. Erste Erfahrungen habe sie beim AWO-Freiwilligendienst gesammelt, wo sie nach ihrem Studium nahtlos als Honorarkraft eingestiegen sei. Berufsbegleitend habe sie ihren EvH-Master Management draufgesetzt und arbeite momentan - als Mutter eines eineinhalbjährigen Jungen - in Teilzeit. "Karriere und Familie unter einen Hut bekommen - auch das ist bei der AWO kein Problem."
Gleich zwei Stellenausschreibungen für den Freiwilligendienst hatte Liesebach den Sozialarbeiter_innen in spe mitgebracht. "Ich kann das nur empfehlen: Man erhält dort eine generalistische Grundausbildung und einen Einblick in viele Bereiche."
Verträge im Vorfeld juristisch prüfen
Egal, welcher Konfession oder Parteizugehörigkeit: Bei der AWO erwarte Bewerber ein klassisches Einstellungsverfahren ohne Rollenspiele. "Von Vorteil ist, wenn Sie Erfahrung in Jugendarbeit vorweisen und zeigen können, dass sie ein Händchen dafür haben, Leute zu begeistern."
Verdi-Gewerkschaftssekretärin Agnes Westerheide schließlich machte die EvH-Studierenden im Tarifvertragsrecht fit. "Achten Sie darauf, was Sie vereinbaren", appellierte sie an ihre Zuhörerschaft, Arbeitsverträge im Vorfeld juristisch prüfen zu lassen. Gerade bei freien Trägern gelte es für Bewerber, möglichst viele Fragen zu stellen.
Über Befristung verhandeln
Ob in Sachen Gehalt oder bei der Zahl der Urlaubstage: Bei Verträgen ohne Tarifbindung könnten schon kleinste Formulierungen entscheidend sein. So bedeute "in Anlehnung an den TVöD" keinesfalls, dass auch gemäß TVöD gezahlt werde - oder dass etwa eine Zusatzversorgung fürs Alter inklusive sei.
Sie persönlich könne nicht nachvollziehen, warum noch immer so viele befristete Arbeitsverträge geschlossen würden. "Und das trotz Fachkräftemangels", so Westerheide. Verberge sich dahinter doch nichts anderes als eine verlängerte Probezeit. "Ich möchte Sie ermutigen, das zu verhandeln. Haken Sie nach: Muss der Vertrag befristet sein?" Gesetzlich vorgeschrieben sei das nicht. Überdies sei angeraten, sich explizit als Sozialarbeiter_in - und nicht als Fachkraft - einstellen zu lassen. "Nur so ist die Entgelt-Tabelle S 11 b bis S 12 für Sie gültig."