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BODYS für (digitale) Barrierefreiheit
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BODYS für (digitale) Barrierefreiheit

Innovation durch Digitalisierung – ja. Digitalisierung zum Selbstzweck – nein. So könnte ein Fazit aus den Pandemie-Erfahrungen lauten, gerade im Kontext von Studium und Lehre. Ihr volles Potenzial können digitale Angebote und Lösungen erst entfalten, wenn sie so gestaltet sind, dass sie niemanden ausschließen. Dies lässt sich u.a. erreichen mit Barrierefreiheit. Daher engagiert sich BODYS derzeit verstärkt in diesem Bereich.

Zum einen unterstützt das Bochumer Zentrum für Disability Studies die EvH RWL darin, auch die digitale Lehre barrierefrei zu gestalten. Zum anderen möchte BODYS den Blick über den Hochschulkontext hinaus auf das Barrierefreiheitsrecht lenken, das in diesem Jahr noch im Bundestag verabschiedet werden soll – und im besten Fall weitreichende Folgen für die Privatwirtschaft, z.B. Verlage, haben wird.

Barrierefreiheit in der digitalen Lehre
„Eine Hochschule für alle“ zu werden, auf diesen Weg hat sich die EvH RWL bereits 2009 gemacht und dabei schon Vieles erreicht. Äußerliche Anpassungen wie automatische Türöffner oder das Wegeleitsystem sind jedoch nur ein erster Schritt. Voraussetzung für ein Gelingen dieses Prozesses ist ein Bewusstsein über Barrierefreiheit und Diversitätssensibilität. Fehlt dieses Bewusstsein, münden viele Maßnahmen und Innovationen in (ungewollter) Exklusion verschiedener Gruppen.

Deutlich sichtbar wurde dies jetzt in der Pandemie-Situation. Quasi über Nacht mussten die Lehre und andere Abläufe in der Hochschule auf digital umgestellt werden. Mit gutem Erfolg, denn der Studienbetrieb konnte durchgehend aufrechterhalten werden. Allerdings wurden schnell verschiedene Defizite deutlich – darunter auch in Bezug auf die Barrierefreiheit.

Das begann bei Beratungsangeboten, die von Präsenz auf Telefon verlegt und für hörbeeinträchtigte oder gehörlose Ratsuchende nicht zugänglich waren. Zoom, MS Teams & Co. sind sicher ein Segen für die digitale Kommunikation, aber für einige Nutzer_innen eine echte Hürde. Z.B. wenn Vergrößerungssoftware nicht kompatibel ist und Chats oder Untertitel von sehbeeinträchtigten Personen nicht genutzt werden können.

Zu Exklusion können aber auch andere Gründe führen, die nichts mit Beeinträchtigungen zu tun haben: Wenn etwa das WLAN in der Studierenden-WG überlastet ist und Seminarteilnehmer_innen deshalb aus der Zoomsitzung rausfliegen und vom Inhalt der Lehrveranstaltung nichts mitbekommen. Wie hilfreich wäre dann ein Seminarskript oder eine andere Alternative, um den verpassten Stoff nachzuholen. Dies sind nur einige Herausforderungen, die es im Zuge der Digitalisierung zu bewältigen gilt.

BarriereChecker To Go
Nicht zuletzt dank der Hinweise von Betroffenen und der Behindertenbeauftragten für die Studierenden hat die Hochschulleitung verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht, hier um- und gegenzusteuern. So unterstützen BODYS-Mitarbeitende jetzt das eLearning-Team mit ihrer Expertise in Bezug auf Barrierefreiheit und Diversitätssensibilität, damit digitale Angebote in der Lehre und Weiterbildung der Lehrenden zukünftig alle Nutzer_innengruppen berücksichtigen.

Ein erstes Ergebnis aus dieser Kooperation ist der „BarriereChecker To Go“. Auf einer Seite fasst diese Arbeitshilfe zusammen, was Barrierefreiheit in der Online-Lehre bedeutet und wie Lehrende vorgehen sollten. Das Motto ist: „Der Einstieg ist ganz leicht gemacht – mit nur 2 Schritten sind Sie dabei!“ Den BarriereChecker und weitere Anleitungen zum Thema diversitätssensible Online-Lehre finden Sie im Moodle-Kurs „Barrierefreiheit in der Online-Lehre“.

Was ist ein gutes Barrierefreiheitsgesetz?
Um die Antwort auf diese Frage wird derzeit in Deutschland gerungen. Aus Sicht von Menschen mit Behinderungen steht vor allem fest, dass sie in diesem Prozess eine wichtige Stimme haben müssen. Denn für sie bedeutet ein gutes Barrierefreiheitsgesetz mehr gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft.

Im Frühjahr 2019 wurde das europäische Barrierefreiheitsgesetz, der European Accessibility Act (EAA), verabschiedet. Es markiert einen Meilenstein: Erstmals gibt es in Europa umfassende Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen. Ziel der Richtlinie ist es zudem, die Privatwirtschaft zur Einhaltung von Barrierefreiheitsstandards zu verpflichten. Dies kann jedoch nur über die nationalen Umsetzungsgesetze geregelt werden.

Sowohl die UN-Behindertenrechtskonvention – seit 2009 geltendes Recht in Deutschland – als auch der EAA enthalten unmittelbare Pflichten nur für die Staaten und damit öffentlichen Stellen. Die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von alltäglichen Dienstleistungen und Produkten wie Bankautomaten, Online-Handel oder ein Großteil audio-visueller Medien sind davon nicht erfasst.

Bis zum 28. Juni 2022 ist der EAA in nationales Recht umzusetzen. Soweit bekannt, plant die Bundesregierung, ein Barrierefreiheitsrecht noch vor der nächsten Bundestagswahl zu verabschieden. Der Referentenentwurf aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales soll in Kürze vorliegen (Stand 20.2.2021).

Zivilgesellschaft und Wissenschaft haben bereits Vorschläge für ein gutes Barrierefreiheitsrecht entwickelt – und jetzt mit der Kampagne „Kernpunkte für ein gutes Barrierefreiheitsrecht“ vorgelegt. Zu den zentralen Forderungen gehören effektive Instrumente zur Rechtsdurchsetzung und die Partizipation von Menschen mit Behinderungen in alle Prozesse – „von der Erarbeitung des Gesetzes, über die Entwicklung von Standards bis hin zur Marktüberwachung.“

BODYS gehört zu den Erstunterzeichner_innen dieser Kampagne. Die Kernpunkte und die Liste der Erstunterzeichner_innen sind über die BODYS-Webseite zugänglich. Um Mitzeichner_in dieser Kampagne zu werden oder mehr darüber zu erfahren, wenden Sie sich bitte an Herrn Ottmar Miles-Paul (Bündnis für ein gutes Barrierefreiheitsrecht) unter der E-Mail-Adresse info@barrierefreiheitsgesetz.org

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