Werden zukünftige Pflegeeltern in Deutschland anders ausgewählt und vorbereitet als in Südafrika? Mit dieser Frage kam Frans im Oktober 2022 als Bundeskanzlerstipendiat an die EvH.
Er promoviert in Südafrika an der UWC- University of Western Cape und beendet bald seine Forschungen in Deutschland.
"Bevor ich Deutschland verlasse, organisiere ich im September gemeinsam mit anderen Stipendiaten eine Fachtagung. Als erste afrikanische Kohorte erhielten wir Fördergelder, um unsere Ergebnisse zu präsentieren und andere südafrikanische Studierende über das Bundeskanzlerstipendium aufzuklären. Ich freue mich auf dieses Event und dann ganz besonders auf die Zeit mit meiner Frau und meinen zwei Töchtern!“
Die Fachtagung findet am 14.09.2023 an der EvH RWL statt
Zeit für einen Rückblick:
„Bevor ich die Interviews beginnen konnte, musste ich mich zuerst mit dem anderen Jugendhilfesystem und der Gesetzeslage vertraut machen. Die Herangehensweise an wissenschaftliche Interviews hier sind anders, daran musste ich mich zunächst gewöhnen. In Südafrika ging es oft schnell: Ich habe den Familien erklärt, was mein Vorhaben ist und am nächsten Tag konnte ich die Interviews durchführen. In Deutschland schreibt man zuerst eine Mail und die ersten 3 Zeilen sind total wichtig - sonst lesen die Leute oft gar nicht weiter. Bis zum Interviewtermin vergehen dann auch nochmal 2 Monate. Nachdem ich aber erste Pflegeeltern für die Interviews gewinnen konnte, wurde es leichter. Sie haben anderen Familien von meiner Forschung erzählt, sodass immer neue Interviewpartner_innen dazu kamen. Die Gastfreundschaft und Offenheit hat mich beeindruckt. Viele Interviews haben abends stattgefunden und die Leute haben mich dafür nach Hause eingeladen. Dadurch habe ich spannende Einblicke in das Familienleben gewinnen können, die ich nicht aus Büchern hätte lernen können. Mittlerweile habe ich die Forschungsergebnisse bei einem Fachmagazin eingereicht und warte nun auf die Veröffentlichung.
Verglichen habe ich in den Interviews die Provinz Limpopo und das Bundesland NRW. In Südafrika, einem Land mit vielen Volksgruppen und elf Amtssprachen, sind Aspekte wie Sprache, Kultur und Religion wichtig bei der Auswahl der Pflegefamilie, damit das Kind sich besser eingewöhnen kann. Da in Südafrika Pflegefamilien innerhalb der Familie überwiegen, also beispielsweise das Großeltern ihre Enkel aufnehmen, wenn sie zu Waisen werden, ist die Übereinstimmung dieser Kriterien oft gegeben. In Deutschland ist der größte Anteil der Kinder nicht mit ihren Pflegefamilien verwandt, da sie beispielsweise aufgrund von Misshandlung oder Kindeswohlgefährdung nicht in ihrer Herkunftsfamilie bleiben können. Im Umgang mit den Kindern und den leiblichen Eltern ist also ein Training notwendig, um mit diesen z.T. schwierigen Situationen umgehen zu können. Für Kinder mit erhöhtem Erziehungsanspruch ist oft eine pädagogische Ausbildung notwendig. Diese Unterschiede führen auch zu verschiedenen Herangehensweisen bei der Auswahl und der Vorbereitung der Pflegeeltern.
Ich werde sicherlich die Freiheit vermissen, die mir das Stipendium ermöglicht hat. Das Ziel ist es, für Leitungspositionen auszubilden, sodass Selbstverantwortung und Netzwerkarbeit wichtige Bestandteile meiner Zeit hier waren. Die Zeit in Deutschland war natürlich nicht nur leicht, besonders als die erste Euphorie verflogen war. Deutsche Freunde zu finden ist nicht so einfach und ich habe mich manchmal einsam gefühlt. Aus meinem Tief bin ich durch großartige Unterstützung wieder rausgekommen. Generell haben mich die verschiedenen Menschen auf dem Weg geprägt.
Mein Tandem-Partner Yannick, der mir als Assistenz zugeteilt wurde, war eine wahnsinnig gute Unterstützung und hat so viel mehr gemacht als nötig. Auf ihn konnte ich mich jederzeit verlassen! Im International Office der EvH habe ich gemerkt wie sehr alle Kolleg_innen dort unter einem Ziel vereint sind: In ihrer Art sind sie alle unterschiedlich, in ihrer unkomplizierten Unterstützung jedoch alle sehr kompetent und herzlich. Dieses Teamverständnis nehme ich mit nach Südafrika. Ohne die Hilfe und die Kontakte meiner wissenschaftliche Gastgeberin Prof. Dr. Brigitta Goldberg wäre ich heute nicht an dem Punkt meiner Forschung, an dem ich nun stehe. Auch EvH-Prorektorin Prof. Dr. Cinur Ghaderi hat mich inspiriert. Trotz ihrer Position pflegt sie den Kontakt auf Augenhöhe zu den Studierenden und hat besonders die internationalen Studierenden im Blick. Auch ich werde später versuchen in einer Führungsposition Bodenständigkeit zu bewahren. Dasselbe gilt für meine Vorgesetzten Marichen van der Westhuizen und Dr. Shernaaz Carelse, die mich innerhalb des Stipendiums begleiteten. Prof. Dr. van der Westhuizen, die als südafrikanische Professorin mit Deutschland sehr vertraut ist, gab mir in vielen Gesprächen Halt, um mich in der deutschen Gesellschaft zurecht zu finden und einzuleben. Prof Dr. Carelse nahm sich bei unseren Fachgesprächen immer die Zeit, zu Beginn die persönlichen Belange zu besprechen, bevor wir fachlich weiterarbeiteten. Die Unterstützung meiner Frau, die mich für einen Monat besuchen kam half mir endgültig aus dem Tief: Sie freute sich über jeden meiner Erfolge und unterstützte mich auch aus der Ferne. Ich bin mir sicher: Alle Schwierigkeiten und Hindernisse sollten mich genau zu diesem Punkt jetzt führen. Es ist Teil von Gottes Plan für mich, so wie ein Bäcker bereits den fertigen Kuchen erkennen kann, obwohl nur einzelne Zutaten bereitliegen.