2019 waren die Reformatorinnen zu Besuch an der EvH - Frauen, die von 1517 bis heute als Theologinnen, Dichterinnen, Ehefrauen von Reformatoren und Herrscherinnen die Kirchen der Reformation geprägt haben und denen die Gleichstellungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland eine Wanderausstellung gewidmet hatte (s. auch unter: http://www.2017.ekir.de/reformatorinnen-471.php).
Eine dieser Frauen: Anna Maria von Schürmann. Geboren 1607, hatte sie das Glück, gemeinsam mit ihren beiden älteren Brüdern unterrichtet zu werden. Aber im Gegensatz zu ihren Brüdern war ihr selbst der Zugang zu einer Universität offiziell verboten. Über Johan Gotschalk, einen ihrer Brüder, konnte sie dennoch Kontakt zu dessen Professoren bekommen; nach Beendigung von Johan Gotschalks Studium musste sich Anna Maria autodidaktisch weiterbilden.
Es ist verbrieft, dass sie mindestens zehn Sprachen sprach und schrieb und sich daneben auch noch in verschiedenen Künsten und Wissenschaften auskannte. Bei der Eröffnung der Universität Utrecht beklagte Anna Maria, die zu diesem Zeitpunkt als die gelehrteste Frau Europas galt, das Zulassungsverbot für Frauen an der Universität.
Daraufhin erlaubte man ihr als einer der ersten Frauen die Teilnahme an Vorlesungen der Hochschule - offiziell einschreiben durfte sie sich aber nicht. Und während der Veranstaltungen musste sie abgetrennt von den männlichen Studierenden in einem mit einem Vorhang verdeckten Holzverschlag sitzen. Keine andere Universität erlaubte ihr überhaupt eine Teilnahme...
Nach Auflösung der Wanderausstellung Ende 2019 wurden von der Gleichstellungsstelle der Evangelischen Kirche im Rheinland Orte gesucht, an denen sich die verschiedenen Reformatorinnen wohlfühlen könnten. Für uns von der Ev. Hochschule RWL war klar: Wo anders könnte Anna Maria von Schürmann eine neue Heimat finden als in den Räumen der EvH-Bibliothek?
Musste sie für die Zeit des Umbaus der Bibliothek noch in ihrem Karton ausharren (aber das kannte sie ja schon aus ihren Zeiten an der Universität Utrecht), so steht Anna Maria nun inmitten der neu gestalteten Bibliothek und begrüßt deren Besucher_innen. Sobald auch die letzten Umbaumaßnahmen abgeschlossen sein werden, darf Anna Maria in das Selbstlernzentrum II der Bibliothek umziehen - und kann dort, mehr als 340 Jahre nach ihrem Tod, mitten unter unseren Studierenden weilen. Herzlich Willkommen, Anna Maria!
„Meine These möge also lauten: Einer christlichen Frau steht ein Studium der Wissenschaften zu.“
Opuscula (1652), S.34, zitiert nach: Michael Spang, Wenn sie ein Mann wäre. Leben und Werk der Anna Maria van Schurman, Darmstadt 2009, S. 123.