Lichtworte, die Brücken schlagen aus der Reformationszeit bis ins Heute: Die hatte Pfarrer Eike Grevel den rund 700 Gläubigen versprochen, die am Reformationsabend zum Gottesdienst in die evangelische Lukaskirche nach Altenbochum-Laer gekommen waren. „Lichtworte zumal, die innere Erleuchtung bescheren wollen.“
Und tatsächlich: Flammte doch punkt 18 Uhr das Wort „Trost-Automat?!“ in weißen Lettern an der Fassade des Gotteshauses auf. „Trost“ vorne über dem Eingang. Und „Automat?!“ links daneben auf dem Kirchenschiff. Um die Ecke sozusagen. „Ja,“ nickte Giulia Arnold vom Gemeinde-Orga-Team des Projekts „Erleuchtet“. „Wir wollten, dass um die Ecke gedacht wird.“
Worte, Sätze, Symbole, Gedanken
Auf insgesamt 47 Kirchen im westlichen Ruhrgebiet – evangelische und vier katholische – waren am Abend des 31. Oktober mit moderner Lichttechnik Worte, Sätze und Symbole projiziert worden. Begriffe und Gedanken, die sich in Auseinandersetzung mit reformatorischen Anliegen herauskristallisiert hatten. Aber auch Antworten auf Fragen wie: Was wollen wir jetzt - 500 Jahre, nachdem Luther eine Kirche als Projektionswand seiner Thesen genutzt hat - auf unsere Kirchen schreiben? Was brennt uns auf den Nägeln? Wofür steht Kirche heute?
Jede Gemeinde durfte ihre eigene Antwort geben. Nicht ganz einfach, wenn nur ein Satz, ein Gedanke, eine These, Einladung oder Provokation am Ende übrig blieb. In der evangelischen Kirchengemeinde Altenbochum-Laer war es eben jener: „Trost-Automat?!“
Kirche als Trost-Automat?
„Wir hatten sechs Begriffe zur Verfügung, die wir ausdiskutiert haben“, erinnerte sich Orga-Team-Mitglied Jutta Jacobi an die Anfangszeit. Sie selbst habe sich zunächst schwergetan mit der Wahl der Mehrheit. „Aber dann ist im Laufe der Vorbereitungen soviel Tröstendes passiert“, sagte sie lächelnd. Der Trost also war da. Aber Kirche als Trost-Automat? „Ja, der Automat, der sollte ein Stück weit provozieren.“ Sei doch Luther selbst auch Provokateur gewesen.
Provozieren, zum Nachdenken, Diskutieren und Innehalten anregen, dabei Menschen unterschiedlichster religiöser und weltanschaulicher Prägung ansprechen: All das wollte das ökumenische Projekt „Erleuchtet“ als Zusammenarbeit zwischen der EvH RWL und den Kirchenkreisen Essen, Gelsenkirchen, Bochum, Hattingen-Witten, Dortmund, Lüdenscheid-Plettenberg, Lübecke sowie vier katholischen Pfarrgemeinden leisten.
Superintendent ist begeistert
In Bochum selbst wurden neben der Lukaskirche die Pauluskirche in der Innenstadt, die Christuskirche in Linden, die evangelische Kirche in Werne, die Michaelkirche in Langendreer, die Erlöserkirche in Hiltrop, die Matthäuskirche in Weitmar sowie die Propsteikirche St. Peter und Paul illuminiert. Dr. Gerald Hagmann, Superintendent des Kirchenkreises Bochum, der allen Kirchen einen Besuch abstattete, zeigte sich begeistert vom Ausmaß der Beteiligung.
„Die Atmosphäre ist toll, und auch mit der Technik klappt alles“, bilanzierte auch EvH-Professorin Dr. Helene Skladny, die das Projekt gemeinsam mit „Erleuchtet“-Initiator Prof. Dr. Gerhard K. Schäfer, vormals Rektor der Evangelischen Hochschule, von Anfang an begleitet hatte. Nicht nur der Gottesdienst in Altenbochum-Laer war sehr gut besucht, auch rund um die Kirche genossen die Menschen zu Glühwein und Luther-Bier das „Erleuchtet“-Programm.
Verzögerte Annäherung beschäftigt
Während es am „Luther-Büdchen“ für die richtige Beantwortung eines Quiz zum Reformator Luther-Kekse, Süßigkeiten oder Waffeln gab, wurden an der Speakers´ Corner eben jene Fragen diskutiert, die den Gemeinde-Mitgliedern "im Heute" auf den Nägeln brennen. „Die rasante Säkularisierung verhindert mitmenschliches Verhalten“, schrieb einer. Andere beschäftigte noch immer die zögerliche Annäherung innerhalb der evangelischen Kirchengemeinde Altenbochum-Laer, die vor zehn Jahren im Rahmen einer Fusion entstanden war. All das ergaben Antworten, die die Gläubigen Wochen vor dem Reformationstag in Kummerkästen einwerfen konnten.
Das „Erleuchtet“-Orga-Team für seinen Teil war in Sachen Annäherung sicherlich ein gutes Vorbild. Stammte doch die Hälfte aus der früheren Kirchengemeinde Altenbochum, die andere Hälfte aus Laer. Jüngstes Mitglied Tim Pöppel blickte optimistisch in die Zukunft: „Gut wäre, wenn die Gemeinden bei den jungen Leuten zusammenwachsen,“ befand der 16-Jährige.
Studierende buken Luther-Kekse
A propos jung: Auch die Studierenden der EvH RWL waren beim Projekt mit von der Partie gewesen. So buken sie im Rahmen eines Dinner4Soul, das Hochschulseelsorgerin Brigitta Haberland in Kooperation mit der Kirchengemeinde auf die Beine gestellt hatte, die Luther-Kekse. „Außerdem haben sie die Tütchen mit den Süßigkeiten für die Quiz-Gewinner gepackt.“
www.erleuchtet-reformationsjubilaeum.de
https://www.evh-bochum.de/erleuchtet.html