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EvH setzt Zeichen für Wissenschaftsfreiheit
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EvH setzt Zeichen für Wissenschaftsfreiheit

Anlässlich des Europatags 2025 fragte die UniverCity Bochum: Wie steht es wirklich um die Wissenschaftsfreiheit in Europa? Welche Tendenzen sollten wir im Blick behalten, um die Autonomie und Freiheit der Wissenschaft zu bewahren? Zwei spannende Veranstaltungsformate, an denen sich die Evangelische Hochschule Bochum (EvH Bochum) aktiv beteiligte, versuchten Antworten auf diese Fragen zu finden.

Im Workshop „Starke Demokratien durch mündige Bürger*innen – Empowerment gegen Fake News in Europa“ beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der Gefahr durch Desinformation. „Der Workshop hat uns dafür sensibilisiert, Bilder, Videos und Texte mit einem geschärften Blick zu betrachten, um Desinformationen gezielter erkennen zu können. Dieses Bewusstsein ist ebenfalls besonders bedeutsam für unsere Studierenden, die in ihrem späteren beruflichen Handlungsfeld eine wichtige Rolle als Multiplikator_innen übernehmen werden.“


(© UniverCity Bochum)

Anschließend berichteten Forschende aus Bochum von ihren Erfahrungen und ihrer Sichtweise auf die aktuelle Lage und hinterfragten kritisch, was in Zeiten wachsender antidemokratischer Tendenzen auf dem Spiel steht. An der Podiumsdiskussion beteiligten sich Rektorin Prof. Dr. Dr. Sigrid Graumann, Professorin für Ethik im Fachbereich Heilpädagogik und Pflege (EvH Bochum), Dr. Josephine B. Schmitt, Wissenschaftliche Koordination mit Expertise in Hate Speech und extremistischer Propaganda (CAIS – Center for Advanced Internet Studies), Dr. Ismail Küpeli, Politikwissenschaftler mit Expertise in Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus in Deutschland und in der Türkei (RUB), Iris Vernekohl vom Netzwerk Scholars at Risk (RUB) sowie Prof. Dr. Thomas Viola Rieske, Professor für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Elementarpädagogik (EvH Bochum), der die Diskussionsrunde mit einer Keynote eröffnete. Unter dem Titel „Wissenschaftsfreiheit, Geschlechterforschung und die Neue Rechte“ analysierte er die gegenwärtige Debatte um Wissenschaftsfreiheit und deren Bedrohung durch antidemokratische Tendenzen.

Grundlage für eine offene Gesellschaft

In seinem Vortrag betonte Prof. Rieske, dass Wissenschaftsfreiheit – grundrechtlich geschützt durch Art. 5 Abs. 3 GG – eine zentrale Säule einer demokratischen und reflexiven Gesellschaft sei. Sie ermögliche nicht nur erkenntnistheoretischen Fortschritt, sondern sei auch politisch unverzichtbar, da sie Bürger_innen befähige, sich informiert und selbstbestimmt an gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen zu beteiligen. „Wissenschaft lebt von Offenheit, Kritikfähigkeit und pluralen Perspektiven – ein Verständnis, das autoritären Weltbildern fundamental widerspricht“, so Prof. Rieske.


(© EvH Bochum)

Geschlechterforschung als Angriffsziel

Im Zentrum seines Vortrags analysierte Prof. Rieske Angriffe der sogenannten Neuen Rechten auf die Geschlechterforschung. Diese werde gezielt als „ideologisch“, „unwissenschaftlich“ oder gar „gefährlich“ diffamiert, um sie aus dem wissenschaftlichen Diskurs auszuschließen. Dahinter stehe eine politische Agenda, die auf die Wiederherstellung völkisch-nationaler Ordnungsvorstellungen abzielt: „Die Geschlechterforschung, die durch ihre reflexive, emanzipatorische Ausrichtung bestehende Herrschaftsverhältnisse hinterfragt, wird so zum bevorzugten Angriffsziel. Die Neue Rechte strebt dabei aber keine produktive Weiterentwicklung, sondern eine Instrumentalisierung von Wissenschaft an – Forschung soll lediglich bestehende Ungleichheiten als ‚natürlich‘ bestätigen“, sagt Prof. Rieske. Ausdruck dieser Strategie sind u.a. sogenannte „Kleine Anfragen“ in Parlamenten, mit denen versucht werde, die wissenschaftliche Relevanz der Geschlechterforschung systematisch zu untergraben. Solche Maßnahmen richteten sich nicht nur gegen einzelne Forschende, sondern gegen das Prinzip offener, kritischer Wissenschaft insgesamt.

Perspektive der EvH Bochum

Die EvH Bochum versteht sich als Ort freier, kritischer Wissenschaft. Die Hochschule setzt sich aktiv für eine Forschungskultur ein, die Diversität, kritisches Denken und soziale Gerechtigkeit als zentrale Bestandteile wissenschaftlicher Praxis versteht – auch wenn die Umsetzung nicht immer ohne Hürden ist, wie EvH-Rektorin Prof. Dr. Dr. Sigrid Graumann in der Podiumsdiskussion darlegte: „Soziale, pädagogische und ethische Themen fliegen leider oft im Windschatten der vermeintlich ‚großen‘ Themen wie Digitalisierung, KI oder Sicherheit, die sich auch wirtschaftlich mehr lohnen.“ Trotzdem ermutigt die promovierte Biologin und Ethikerin Studierende und Forschende, weiter idealistisch zu bleiben: „Machen Sie das, was Sie umtreibt! Nur darin können Sie gut sein. Wir unterstützen Sie dabei: Als Wissenschaftsmanager_innen strecken wir unsere Fühler aus und vernetzen uns mit Menschen und Institutionen, die sich für unsere Themen interessieren und unser soziales Engagement fördern.“

Der UniverCity-Europatag fand als Kooperationsveranstaltung des UniverCity Bochum e.V., der EvH und der Stadt Bochum statt. Der Europatag wird von der Landesinitiative Europa-Schecks des Ministers für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der NRW-Staatskanzlei unterstützt.


Diskutierten am Europatag über Wissenschaftsfreiheit (v.l.n.r.): Prof. Dr. Thomas Viola Rieske, Iris Vernekohl, Dr. Ismail Küpeli, Prof. Dr. Dr. Sigrid Graumann, Dr. Josephine B. Schmitt und Moderator Johannes Meyer. (© EvH Bochum)

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