Eine Delegation der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe, bestehend aus den Professorinnen Prof. Dr. Ghaderi und Prof. Dr. Sonnenberg sowie vier Studierenden, besuchte im April die Universität Sulaimaniya im Nord-Irak/Autonome Region Kurdistan. Das Projekt „CoBOSUnin“ (Cooperation between Bochum and Sulaimaniya nowadays) ist ein Projekt zur Entwicklung von Standards im Bereich der Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit. Für die Hochschule sind interkulturelle Weiterentwicklung und Austausch zwischen den Ländern im wissenschaftlichen Bereich ein wichtiges Gut.
Um einen Einblick in verschiedene Berufsfelder der Sozialen Arbeit zu bekommen, hatten die Gastgeber der Fakultät „Soziale Arbeit“ der Universität Sulaimaniya eine intensive Woche geplant. Neben dem Repräsentieren des Projektes und der Erörterung einer möglichen Kooperation im Bildungsministerium oder bei Vertretern der Wissenschaft in Sulaimaniya reiste die Delegation durch Kurdistan, um sich ein eigenes Bild von der Verflechtung von Geschichte, Kultur, Gesellschaft und Politik im Hinblick auf Soziale Arbeit zu machen.
Dafür besuchte die Delegation historische Monumente wie das Halabja-Denkmal, das den Opfern des Giftgasanschlags von 1988 gewidmet ist. Ein anderer Ort des Nachdenkens war das „Rote Gefängnis“ - das ehemalige Geheimdienst-Hauptquartier des Baath-Regimes. Es ist auch bekannt als Foltergefängnis, in dem bis 1991 die irakische Regierung unter Saddam Hussein zahlreiche Menschen gefoltert und ermordet hatte. Die grausamen Momente der Geschichte Kurdistans liegen keine 30 Jahre zurück.
„Als wir das Rote Gefängnis betraten, wandelte sich die Stimmung der Gruppe von ausgelassen und erwartungsvoll hin zu ruhig und bedacht. Jeder war plötzlich still und gab dem Ort den Raum, den er haben muss“, sagt Professorin Kristin Sonnenberg. Für sie bleibt der Besuch dieser Gedenkstätte unvergessen.
Die Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit Kurdistans sind vielfältig. Lisa Dünnebacke, eine der Masterstudierenden der Gruppe, räumt ein, sich selbst dabei ertappt zu haben, wie sehr sie vieles, gerade im Bereich der Sozialen Arbeit, aufgrund des erst einjährigen Bestehens des Studienganges und der aktuellen politischen Lage, unterschätzt hat.
In Sulaimaniya besuchte die Gruppe überdies eine Einrichtung für Menschen mit Behinderungen, ein Frauenhaus, ein Gefängnis für Männer, Frauen und Kinder sowie „Save the Children“ Kurdistan und ein Flüchtlingslager, in dem die Gruppe zu Gast im Zelt einer yezidischen Familie war, um deren Flüchtlingserlebnisse zu erfahren. In Sulaimaniya ist man Entrepreneur auf dem Gebiet der Sozialen Arbeit. In mehreren Etappen auf der Reise trafen sich die Delegationen gemeinsam mit den Studierenden der Sozialen Arbeit in der Universität, um sich gegenseitig, mit Blick auf die Zukunft, von Hürden und Entwicklungen zu berichten. Auch würde man sich freuen, einen weiteren Kooperationspartner zu gewinnen.
Im November - anlässlich der Internationalen Woche - ist ein Gegenbesuch der kurdischen Delegation angesetzt.
Vanessa Keller