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Fachtag zum strukturellen Rassismus in Deutschland
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Fachtag zum strukturellen Rassismus in Deutschland

Veranstaltung „Struktureller Rassismus der Vergangenheit und der Gegenwart in Deutschland“

Am 14. September 2022 fand die Veranstaltung „Struktureller Rassismus der Vergangenheit und der Gegenwart in Deutschland“ in der Quartiershalle der Bochumer KoFabrik statt. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Transfernetzwerk Soziale Innovation (s_inn).

Mit drei Vorträgen zielte die Veranstaltung darauf ab, einen Blick hinter gesellschaftliche Strukturen zu werfen, die Rassismus in Deutschland bis heute bedingen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Cinur Ghaderi. Das Publikum bestand aus Studierenden, Mitarbeiter_Innen der EvH und Personen aus der Zivilgesellschaft.

Die Veranstaltung findet seinen Einstieg mit dem Vortrag von Anne Broden. Anne Broden ist seit 17 Jahren Leiterin des Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in Nordrhein-Westfalen (IDA – NRW). In ihrem Vortrag definiert Anne Broden zunächst Rassismus, um dann spezifischer zu werden. Laut Anne Broden ist Rassismus ein Phänomen der Individuen, der Institutionen, Strukturen und Diskurse, die miteinander verwoben sind. Als Beispiel für diese Verwobenheit, führt Anne Broden die systematische Schlechterstellung der Kinder, mit Migrationshintergrund, in Schulen, auf. Auch die „operative Fallanalyse“ im Kontext der NSU-Morde und kolonialer Rassismus finden in Ihrem Vortrag Erwähnung, um aufzuzeigen, dass Rassismus in jeder Generation dasselbe Ziel hatte; „Legitimation von Ungleichheit und Unterdrückung sowie Machtstabilisierung“.

Der zweite Vortrag knüpft an die These der historisch gewachsenen strukturellen Verankerung des Rassismus an. Diesen Part Übernimmt Dr. Doris Liebscher, die Gründerin einer der ersten unabhängigen Antidiskriminierungsbüros Deutschlands in Leipzig. Seit September 2020 leitet sie die Ombudsstelle für das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz bei der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung.

Dr. Doris Liebscher beginnt mit der Vorstellung der UN-Ausschuss gegen Rassendiskriminierung. Der UN-Ausschuss beschäftigt sich in der General Recommendation Nr. 36 mit der diskriminierenden Praxis des Racial Profiling. Darunter fallen diskriminierende Kontrollen der Polizei basierend auf «Rasse, Hautfarbe, Abstammung und nationaler oder ethnischer Herkunft» unter den Anwendungsbereich des allgemeinen Diskriminierungsverbotes sowie des Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetz. Im weiteren Verlauf geht sie auf die Arbeit und Fälle der LADG-Ombudsstelle ein, sowie die Auswirkungen von Rassismus auf individuelle Betroffene und der Gesamtgesellschaft. Um das ganze zu verbildlichen, stellt Dr. Doris Liebscher die Frage „Was darf die Polizei?“ Anhand dieser Frage folgt eine Analyse der Ermächtigunsgrundlagen und Ermessensausübung mit Hinblick auf die Rechtsnormen. Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz besagt: Niemand darf wegen (…) seiner Rasse (…) benachteiligt oder bevorzugt werden. Aus diesem Grund findet der Vortrag von Dr. Doris Liebscher seinen Abschluss damit, dass darauf aufmerksam gemacht wird, dass man immer noch etwas gegen Racial Profiling tun kann.

Im dritten Vortrag widmet sich Monique Kaulertz dem Thema „Wartenlassen“: Monique Kaulertz studierte Sozialpsychologie, Sozialanthropologie, Philosophie sowie Friedens- und Konfliktforschung. Seit 2018 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Unabhängigen Beschwerde- und Informationsstelle Flucht (UBIF) an der EvH RWL in Bochum. Der Vortrag von Monique Kaulertz bezieht sich, im Gegensatz zu den vorherigen, auf Rassismus im Alltag. In Behörden, im Gesundheitssystem, in Unterkünften, im Asylregime – vielfach sind Menschen mit (zugeschriebener) Flucht- oder Migrationsgeschichte zum Warten gezwungen. Dabei kann „Wartenlassen“ als machtvolle Praxis und als Teil einer diskriminierenden bzw. rassistischen Struktur verstanden werden. Monique Kaulertz fragt hier auch nach den Möglichkeiten, die Wirkung(en) auf individueller Ebene zu artikulieren. Gerade weil die Gewaltsamkeit so wenig fassbar ist und nicht durch ein einschneidendes Ereignis auffällt, scheint sie schwer zu verstehen und zu beschreiben. Diese Schwierigkeit einzuholen ist jedoch notwendig, um gezielt Kritik am Verfügen über die Zeit anderer, welches deren Gestaltungsmöglichkeiten für das eigene Leben einschränkt, anzubringen.

Veranstaltungsleitung:
Vom Transfernetzwerk Soziale Innovation:
Sinem Malgac (s_inn, EvH RWL Bochum)

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