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EvH-Exkursion zur Seelsorge des Flughafens Düsseldorf
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EvH-Exkursion zur Seelsorge des Flughafens Düsseldorf

"Hola! Bonjour! Willkommen! Welcome!" - mitten im geschäftigen Hin und Her der mit schwerem Gepäck beladenen Reisenden sind die rund 30 EvH-Studierenden leicht auszumachen, die der Einladung von Hochschulseelsorgerin Brigitta Haberland zum Düsseldorfer Flughafen gefolgt sind. Zielort: Schalter 150 Terminal A/B - die Seelsorge am Düsseldorfer Flughafen. Schon die Anreise im Skytrain ist ein passender Auftakt für den Besuch an Schalter 150, der in flughafentypischem Himmelblau-Weiß erstrahlt.

Der Stolz über den großen eigenen Flughafenschalter mitten im Terminal A/B ist Gesprächspartnerin Ute Clevers, Sozialpädagogin und ehemaliger EvH-Studentin, deutlich anzumerken. Munter macht sie zusammen mit ihrem Team darauf aufmerksam: Der große Schalter zeige bereits, wie präsent Seelsorge auf dem Düsseldorfer Flughafen sei und dass sie seitens der Flughafenleitung hohe Wertschätzung erhalte.

Der Schalter und gut 80 Prozent ihrer Arbeit werden vom Flughafen finanziert, ca. 20 Prozent kommen über den Anstellungsträger, in ihrem Fall der Diakonie. Die Arbeit sei ökumenisch aufgestellt. Seelsorge könne auf dem Flughafen von allen Passagieren und Mitarbeitenden genutzt werden. Das gehöre zum Konzept. Niemand werde daher nach seiner Religion gefragt. Dennoch sei ihre christliche Basis zum Beispiel im Logo oder den Giveaways klar erkennbar.

Wie stark das Seelsorgeangebot am Flughafen genutzt werde, zeige das Netz von mehr als 30 ausgebildeten Ehrenamtlichen und zwei Vollzeit-Praktikant_innen, die die beiden Hauptamtlichen, Ute Clevers und ihren katholischen Kollegen, Johannes Westerdick, inzwischen unterstützen. Viele der Ehrenamtlichen kommen zwei Mal pro Woche für zwei bis vier Stunden auf den Flughafen und bieten gestrandeten oder hilfsbedürftigen Passagieren aus aller Welt ihre Unterstützung an. Die Hauptamtlichen koordinieren und begleiten die Arbeit der Ehrenamtlichen. Das große Netz an Ehrenamtlichen und die gute Zusammenarbeit mit dem Flughafenpersonal machen es möglich, dass Sprachbarrieren meist gut überbrückt werden können.

Bei vielen Seelsorgekontakten handelt es sich ortsbedingt um einmalige Kurzkontakte. Ein Teil davon sind Orientierungshilfen, denn viele Reisende finden sich trotz des preisgekrönten Leitsystems des Düsseldorfer Flughafens auf dem Gelände des Airports nicht zurecht – Reisestress und Reizüberflutung überfordern viele Reisende, insbesondere diejenigen, die selten fliegen.

Aber auch die straffe Wirtschaftsweise der Fluggesellschaften hinterlasse deutliche Spuren im Alltag der Seelsorger_innen und im Leben des Flughafens. Was wirtschaftlich nicht notwendig sei, falle bei vielen Gesellschaften inzwischen weg. Die Folge: Passagiere werden weniger umfassend betreut, stünden mit Fragen häufiger allein. In vielen Subunternehmen und Gesellschaften hätten Mitarbeiter_innen zudem vielfach kurze, schlechtbezahlte Zeitverträge. Auch das bringe Belastungen für Passagiere und Mitarbeitende mit sich.

Immer wieder sei daher kritisch zu überlegen, wann eine Aufgabe in den Bereich der Seelsorge gehöre und wann z.B. in den Bereich der Servicepartner der Fluggesellschaften. In vielen Fällen gehöre der Verlust eines Koffers z.B. in den Bereich der Servicepartner, aber manchmal gehe es auch um mehr. Passagiere in Not bräuchten oft andere und zeitintensivere Unterstützung als die Servicepartner aus wirtschaftlicher Sicht leisten könnten, wenn z.B. ein verpasster Flug den Reisenden in existentielle Not gebracht hat oder ein Todesfall den Flug überschatte.

Rund 100 schwere Beratungsfälle hätten sie im Jahr. Die Seelsorge sei zudem eingebunden in das Notfallmanagement des Flughafens, das bei Großschadensereignissen getätigt würde. Doch nicht nur die Reisenden nutzen die Seelsorge, erzählt Ute Clevers beim Gang durch das Flughafengebäude. Im flirrenden und auf Hochglanz polierten Erscheinungsbild mit teuren Boutiquen, eleganten Geschäftsreisenden und fröhlichen Urlaubern verbergen sich auch Menschen, die vor einem Leben auf der Straße in die Wärme und den Komfort eines Flughafens fliehen.

Rund 50 Wohnungslose und Flaschensammler sind den Seelsorgern auf dem Airport bekannt. Gemeinsam mit einer Streetworkerin und einer Krankenschwester schauen daher die Mitarbeiter_innen von Schalter 150 regelmäßig nach diesen, bieten Hilfe und Weitervermittlung an. Doch parallel sucht die Leitung des Flughafens auch nach Wegen, den Rückzug notleidender Menschen ins Flughafengebäude zu unterbinden. Verschmutzte Toiletten, Kot und Urin in Treppenhäusern schaden dem Image und verärgern die Kunden. Hinzu kommen hohe Reinigungs- und Sanierungskosten. Und so werden die unliebsamen Gäste immer wieder seitens des Flughafens neu vertrieben. Für die Seelsorge durchaus eine schwierige Situation.

Am Ende des Rundgangs über den Flughafen führt Ute Clevers die Studierenden in den Gedenkraum, der anlässlich des Flughafenbrandes in Düsseldorf 1996 zum Gedenken an die Toten eingerichtet wurde und in dem - stellvertretend für viele andere Flugzeugunglücke - der Opfer des Absturzes in Frankreich 2015 gedacht wird. Fünf Jahre danach können die Angehörigen der Germanwings-Maschine 9525 auf Kosten der Fluggesellschaft in die Nähe der Absturzstelle fliegen, um ihren Verstorbenen nah zu sein und persönlich Abschied zu nehmen. Für diesen schwierigen Weg finden sie und auch die sie begleitenden Besatzungsmitglieder vor und nach diesem Flug in den Seelsorgekräften Begleitung und Gesprächspartner_innen.

Mit einer kurzen Besinnung im sehr schönen und stillen Gedenkraum endet schließlich der Besuch. Aber natürlich geht vor der Heimreise der Weg noch zur Terrasse, um den dahingleitenden Fliegern zwischen Himmel und Erde nachzublicken und in die mit Kerosin gefüllte Luft einzutauchen …

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