Reintegration in die Gesellschaft oder Gefängnisstrafe? Mit welchen Methoden Straftäter_innen von weiteren Taten abgehalten werden sollen, unterscheidet sich von Land zu Land. In einem Erasmus-Blended Intensive Programme (BIP) trafen sich Studierende aus den Niederlanden und Tschechien in Bochum, um gemeinsam zu vergleichen und voneinander zu lernen. Jeweils 10 Studierende der Avans Hogeschool , University of West Bohemia und der EvH Bochum besuchten beispielsweise verschiedene Justizvollzugsanstalten (JVAs), das Strafvollzugsarchiv der FH Dortmund und nahmen an einem sozialen Stadtspaziergang mit einem ehemals Wohnungslosen Mitarbeiter der Wohnungslosenzeitschrift Bodo e.V. teil. "Neben dem fachlichen Austausch ist es für die Studierende eine tolle Gelegenheit ins Ausland zu gehen, sich zu trauen auf Englisch Fachgespräche zu führen und die eigene Perspektive zu erweitern", erzählt Prof. Dr. Brigitta Goldberg von der EvH. "Mir ist es wichtig, dass gerade in Zeiten von Konflikten der Austausch zwischen Studierenden unterschiedlicher Kulturen stattfindet." Das unterstützt auch Angèle Geerts von der Avans: "Die interkulturellen Kompetenzen werden enorm gefördert, denn den Studierenden wird dabei bewusst, dass man immer etwas von anderen Ländern lernen kann. Das macht sie zugleich zu besseren Sozialarbeiter_innen in ihrem eigenen Land. Ich ermutige daher alle meine Studierenden ins Ausland zu gehen."
Die Studierenden sind besonders die Praxisbeispiele in Erinnerung geblieben: "Anhand des Gefängnisbesuchs haben wir gesehen, dass es in der Theorie viele Ähnlichkeiten gibt, die Praxis aber zum Teil sehr unterschiedlich ist. Ich wusste nicht, wie fortschrittlich die Niederlande Technologie und Virtual Reality einsetzt, um Straftäter_innen zu reintegrieren. Umgekehrt ist z.B. die Isolationshaft, wie sie hier in Deutschland möglich ist, in Tschechien verrufen; bei uns würde es unter Folter fallen." berichtet eine Studentin der West Bohemia. Nicht nur fachliche Eindrücke, wie ein Blick hinter die Mauern von Gefängnissen waren Teil des BIP, sondern auch die Zeit, sich gegenseitig kennenzulernen spielt eine wichtige Rolle. Das betonen sowohl Lehrende als auch Studierende "Eine solche Reise bietet die Gelegenheit, das Studentenleben in einem anderen Land kennenzulernen. Ich finde es wichtig, dass die Studierenden bei der kollaborativen Arbeit auch gemeinsam Spaß haben, ins Gespräch kommen und dadurch z.B. ihre Kompetenzen ausbauen, den eigenen Arbeitsstil reflektieren und sich weiterentwickeln", erläutert Dr. Lukáš Dirga.
Einen Tipp haben die Studierenden für zukünftige BIP-Teilnehmer_innen: "Bei einem solchen Projekt sollte man offen für Neues sein und sich darauf einlassen. Nehmt die Chance war, aber nehmt sie auch ernst, man muss bereit sein mitzuarbeiten. Achso, und nehmt Hausschuhe und einen Regenschirm mit!"
BIPs werden über Erasmus+ gefördert, um kurze Studienaufenthalte im Ausland durchzuführen und dadurch die internationale Zusammenarbeit zu stärken.