Die Zukunft der entwidmeten Lutherkirche in Bochum-Langendreer ist ungewiss. Baulich darf das unter Denkmalschutz stehende Sakralgebäude nicht verändert werden. Doch sowohl ein Abriss als auch die Erhaltung brächten für die Evangelische Kirche als Trägerin hohe Kosten mit sich. Bis eine Entscheidung ansteht, bleibt die Kirche als "zentraler Ort für die Menschen im Quartier bestehen", wie EvH-Prof. Dr. Hendrik Baumeister sagt.
Um die Räumlichkeiten sinnvoll zu nutzen, hat sich jüngst der Verein LutherLAB gegründet, der dort u.a. Näh- und Werkkurse anbietet. Welche spannenden Aktionen könnte man 2019 starten, um den Verein und damit die Kirche weiter im Quartier zu etablieren - und gleichzeitig Bevölkerungsgruppen mit Unterstützungsbedarf einzubinden? Dieser Frage ging Baumeister jetzt mit zwölf Studierenden nach, denen er eine Lehrveranstaltung direkt an Ort und Stelle anbot (Foto). Brainstorming und Workshop im Schiff einer entwidmeten Kirche sozusagen. Das Ziel: "eine Intervention zur Inklusion zu entwickeln, zu gestalten".
Bildung, Kultur, Bewegung/Sport und Ernährung
Vorausgegangen war dem eine Analyse des Sozialraums. Sprich: "Die Studierenden haben sich im Kurs mit dem Quartier beschäftigt", so Baumeister. Mit wem hat man es da zu tun, welche Bedarfe hat die Bevölkerung? Das Brainstorming in der Kirche schließlich umfasste vier Bereiche: Bildung, Kultur, Bewegung/Sport und Ernährung. Inspirierend wirkte dabei der Ort des Workshops, "in einem Kirchenraum ohne Bestuhlung zu arbeiten, ihn als freien Raum zu begreifen." Als Raum für alle also, religions- und nationalitätsübergreifend.
Umgesetzt werden die Aktionen, basierend auf den erarbeiteten Konzepten, im kommenden Sommersemester im Rahmen eines Praxisprojekts. Denkbar wären im Bereich Ernährung etwa ein Kürbisschnitzen mit Kindern der städtischen Förderschule, ein Quartiersmarkt mit Resteprodukten aus Gastronomie und Lebensmittelverkauf oder auch Kochkurse als Bildungsangebot, Kochwettbewerbe für Kinder oder internationales Kochen. Urbanes Gärtnern im Umfeld der Kirche könnte sich Baumeister ebenfalls vorstellen: "Eigene Produkte anpflanzen, ernten, verbrauchen und verkochen." Allesamt Projektansätze, die dann in seine Lehre im Bereich Quartiersentwicklung einfließen können.
Die Sanierung der Kirche als inklusive Maßnahme
Eine weitere Vision exisitiert bereits heute: den leergeräumten Kirchenraum interdisziplinär - gemeinsam mit Architekt_innen, Innen-Architekt_innen und Heilpädagog_innen - zu gestalten und dabei Kinder, Arbeitssuchende und Rentner miteinzubinden. "Die Sanierung der Kirche als inklusive Maßnahme, zum Beispiel während eines Werk-Wochenendes", skizziert Baumeister seine Idee. Ob Böden schleifen, Wände streichen oder Möbel bauen: Alles, was die Beteiligten während des Projekts erlernten, nähmen sie mit zurück in ihren (Berufs-)Alltag. Und die nötige Fördermittel-Acquise könnten EvH-Studierende im Rahmen seines Kurses betreiben.