Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland nimmt immer weiter zu. Der größte Teil von ihnen wird zuhause versorgt. In den meisten Fällen leisten Angehörige die Pflege, oftmals alleine, aber auch gemeinsam mit einem ambulanten Pflegedienst.
Allerdings verändern sich die Familienstrukturen zunehmend. So leben immer mehr ältere Menschen alleine, haben keine Kinder - oder die Kinder wohnen weit weg. Deshalb wird die Unterstützung durch Nachbarn, Freunde und Bekannte immer wichtiger.
Um die Situation pflegebedürftiger älterer Menschen in Bochum im Hinblick auf ihre Unterstützungsnetzwerke zu untersuchen, haben zwei Studierende der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum in Zusammenarbeit mit der Familien- und Krankenpflege Bochum gGmbH ein Praxisprojekt durchgeführt.
Ziel war es herauszufinden, wie die Unterstützung durch Nachbarn, Freunde und Bekannte aussieht, aber auch, wie der Pflegedienst mit diesen Personen zusammenarbeiten kann. Dazu wurden Interviews mit einigen Pflegebedürftigen und Pflegekräften geführt und ausgewertet.
Die wichtigsten Ergebnisse:
Alle Pflegebedürftigen, die befragt worden sind, verfügen über ein gutes Unterstützungsnetzwerk. Eine große Rolle spielen dabei Angehörige, der Pflegedienst und andere Dienstleister wie Haushaltshilfen. Aber auch Nachbarn und Freunde leisten regelmäßige Unterstützung wie Hilfe bei Einkäufen, Wäschekörbe in den Keller bringen oder die Mülltonnen rausstellen.
Das Bewusstsein, dass Nachbarn vor Ort sind, führt bei einigen der befragten Personen zu einem Gefühl der Sicherheit. Eine alleinlebende Befragte sagte dazu: „Ich hab immer dieses Gefühl - ich hab zwar meine Alarmanlage da - aber ich hab immer dieses Gefühl, wenn der Alarm losgeht, dann kommen die [Nachbarn] sofort zu mir.“
Obwohl alle Pflegebedürftigen angegeben haben, dass ihre Nachbarn ihnen Hilfe anbieten würden, sagte ein Großteil der Befragten, diese Hilfe nur im Notfall anzunehmen. Wohler fühlen sich die Pflegebedürftigen damit, Hilfe von Angehörigen oder professionellen Dienstleistern anzunehmen.
Die Mitarbeiter_innen des Pflegedienstes gaben zusätzlich an, dass ihrer Erfahrung nach Nachbarn eher einmalige oder kurzfristige Hilfe leisten, vor regelmäßigen Hilfen aber häufig zurückschrecken würden. Die Unterstützung durch Freunde und Nachbarn sei jedoch für die Pflegebedürftigen auf der sozialen Ebene sehr wichtig.
Die Pflegekräften sehen die Netzwerkarbeit als Teil ihrer Aufgaben, aber stoßen im Bereich der nicht-familiären Netzwerke auch schnell an ihre Grenzen. Das liegt einerseits daran, dass teilweise keine Netzwerke vorhanden sind, mit denen sie arbeiten können, andererseits spielen hier auch datenschutzrechtliche Gründe eine Rolle.
Teilweise ist viel Initiative der Pflegekräfte notwendig, um bei Nachbarn und Pflegebedürftigen die Bereitschaft zu fördern, Hilfe zu geben bzw. anzunehmen. Dafür stehen im pflegerischen Alltag jedoch nur wenig Ressourcen und strukturelle Vorgaben zur Verfügung.
Ausblick:
Das Praxisprojekt hat gezeigt, dass ein langjähriger enger Kontakt zu Nachbarn und Freunden eine wichtige Grundlage für die spätere Unterstützung bildet. Dabei kann die Quartiersentwicklung, die beispielsweise von der Familien- und Krankenpflege in Bochum-Hofstede geleistet wird, ein wichtiger Grundpfeiler in der Netzwerkarbeit sein.
Allerdings müssen auf politischer Ebene Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit ambulante Pflegedienste Netzwerkarbeit auch leisten und finanzieren können. Abschließend geht ein großer Dank an die Familien- und Krankenpflege sowie die Mitarbeitenden der Tagespflege und der ambulanten Pflege für die gute Unterstützung des Projektes.