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Polina Borisova: Die Entdeckung der Langsamkeit
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Polina Borisova: Die Entdeckung der Langsamkeit

Eine Inszenierung ohne Sprache

„…Wenn ich schließlich ankomme, alt und müde, werde ich mein Gepäck abstellen, in mein weiches Bett fallen und beruhigt einschlafen. Doch bevor ich einschlafe, werde ich noch einmal einige Stationen meiner Reise besuchen. Eine zarte Traurigkeit legt sich über mich, und ich sage mir, dass dieser lange Tag vielleicht doch ein wenig zu schnell zu Ende geht ...“ – mit dieser spannenden Ankündigung sorgte Polina Borisova am 15. Dezember zunächst für ein volles Studio und versetzte anschließend das Publikum mit ihrer Darbietung 45 Minuten lang in Staunen. Mit Hilfe einer Halbmaske, diverser Alltagsgegenstände und nichts weiter als Klebestreifen bot sich den interessierten Zuschauern ein Einblick in die Jugenderinnerungen einer Frau während ihres Lebensabends. Das Programm „Go!“ ist das erste Solo-Projekt der in Russland und Frankreich lebenden bzw. arbeitenden freischaffenden Künstlerin, welches allein von seiner Darstellung lebte. Der Stück kam komplett ohne Sprache aus, stattdessen gab es gelegentliche musikalische Einspielungen, die die verschiedenen fremden, erlebten sowie erdachten Lebensepisoden untermalten.

Das Publikum nahm unterschiedliche Perspektiven ein und erlebte entsprechende Eindrücke: Ein Teil empfand insbesondere die gelebte Langsamkeit des Alters als befremdlich und zunächst schwer zugänglich. Gerade in Zeiten der Schnelllebigkeit brauchte es einige Momente, ehe sich die junge Generation auf die Situation einlassen konnte. Ein weiterer Teil des Publikums war gerade von jener Inszenierung begeistert. Die Detailliertheit, die Präzision bei der Bewältigung von Alltagssituationen und das „sich-Zeit-nehmen“ wurde als Hommage an die Zeit aufgefasst, in der Ruhe und Geduld zur Lebenseinstellung werden. Trotz der generationenabhängigen Wahrnehmung zog Polina Borisova dank ihrer hingebungsvollen und auch humorvollen Darbietung letztlich das gesamte Publikum in ihren Bann. Eingebettet wurde der Abend wie gewohnt in ein Grillabend-Ambiente, bei dem sich auch der Kulturbeauftragte der EFH, Prof. Dr. Sachser, positiv angetan über den kulturellen Höhepunkt an der Hochschule zeigte.

 

Adrian Roeske

Polina Borisova: Die Entdeckung der Langsamkeit

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