In einem EvH-Praxisprojekt haben Studierende der Heilpädagogik/Inklusive Pädagogik eine "Service-Insel für Menschen mit Behinderung" entwickelt, die in Kürze gebaut werden soll. Das Projekt unter Anleitung von Prof. Dr. Hendrik Baumeister läuft über zwei Semester und richtet sich an Studierende im 5. und 6. Semester.
Ausgangspunkt: Die Kantine der Werkstatt Constantin-Bewatt in Bochum-Grumme - einer Einrichtung für berufliche Rehabilitation und Integration, die seit 1980 Angebote für Menschen mit geistigen und Mehrfachbehinderungen macht. Baumeister: "Das ist eine Riesen-Kantine für rund 450 Mitarbeiter". Letztere machten sich dort jeden Mittag ihr mitgebrachtes Essen warm - was bisweilen den Regelbetrieb der Kantine störe, wo (in drei Schichten) Mahlzeiten für Mitarbeiter_innen und Angestellte ausgegeben würden.
Die Lösung: eine Service-Insel
Um dieses Problem zu lösen, soll nun die Kantine saniert, erweitert und eine Service-Insel geschaffen werden. Für letztere haben Baumeister und seine Studierenden in der Zwischenzeit grünes Licht von der Werkstatt-Leitung erhalten. Die Mittel dafür, das Konzept in die Realität umzusetzen, stammen aus dem Gesamtbudget der Kantinen-Sanierung.
Die Vorgabe an die Studierenden lautete: Die Insel möge sich in Küchennähe befinden und es zwei Personen gleichzeitig erlauben, einfache Speisen und Getränke zuzubereiten und zu erwärmen. Mikrowelle, Wasserkocher, Spüle und Besteck-Aufbewahrung sollten überdies Berücksichtigung finden.
Anleitungen in leichter Sprache
Doch damit nicht genug: Galt es doch, sowohl für die Insel, als auch für deren Geräte Anleitungen in Form von Texten in leichter Sprache, Bilddokumentationen und Kurzvideos zu erstellen. Besondere Herausforderung dabei: die barrierefreie und rollstuhlgerechte Bedienbarkeit - und sogar individuell gebaute Rollstühle mit Maßen zu berücksichtigen, die in den gängigen Normen zur Barrierefreiheit nicht erfasst sind.
Vorschläge, die wohlwollend aufgenommen wurden: Die Werkstatt-Leitung hat sich inzwischen entschieden, "fast alle Bausteine umzusetzen", so Baumeister. "Wir freuen uns total über dieses rundum schöne Projekt!" Bis auf die Videoanleitung - die nicht ganz barrierefrei gewesen wäre - soll alles so realisiert werden, wie vom EvH-Team erdacht.
Praktische Aufgabe als Vorbereitung auf die Praxis
Eine praktische Aufgabe wie diese in die Lehre einfließen zu lassen - Baumeister findet das essentiell, da Studierende "später ja auch in der Praxis arbeiten werden". Und die hatten nach ersten Vorgesprächen mit Werkstatt- und Kantinenleitung sowie einem Kick-Off-Meeting in Kleingruppen losgelegt. "Das Projekt wuchs weit über die reine Gestaltung einer Service-Insel hinaus, da letztere nicht ohne Beachtung des räumlichen Kontextes und die Beteiligung der Mitarbeiter_innen ablaufen sollte", erinnert sich Hendrik Baumeister an die Anfänge.
Angestellte und Mitarbeitende wurden also nach ihren Wünschen befragt. Zudem entstand aus Kostengründen die Idee, die Service-Insel in der eigenen Werkstatt für Metallverarbeitung fertigen zu lassen. Neuer Arbeitstitel: "Service-Insel für Menschen mit Behinderung von Menschen mit Behinderung". Auf diese Weise ließe sich auch die Identifikation der Mitarbeitenden mit ihrer neuen Kantine und ihrem Arbeitsplatz als solchem steigern - so das Konzept.
Studierende präsentierten erste Ergebnisse
Mitte Januar schließlich präsentierten die Studierenden ihre Auswertung der Mitarbeitenden-Befragung. Darüber hinaus stellten sie via Computer-Visualisierung drei verschiedene Entwürfe für die Service-Insel und den Favoriten am kleinen Modell vor. Auch hatten sie Anleitungsskizzen in Piktogrammen und leichter Sprache sowie einen Modellentwurf für einen neuen Kiosk mitgebracht, der sich in der Kantine befindet.
Gesagt, getan. Anvisiert werden nun Kooperationen mit Werkstatt-Experten für Hygiene, Leichte Sprache und Fertigung, um die Entwürfe und "sämtliche Bausteine bis zur Fertigstellung und Einweihung der Kantine im Sommer 2018 umzusetzen".
Weitere Projekte in Aussicht gestellt
Auf dem Programm steht ein Zwei-Schritte-Plan: Zunächst werden die Kantine saniert und die Service-Insel gebaut. Dafür müssen die EvH-Studierenden im Vorfeld ihre Planung an die beteiligten Handwerker übergeben. "Wir sind die Auftraggeber, machen aber keine Detailplanung", so Baumeister. Dies sei eine praktische Situation, wie sie die Studierenden künftig auch im Beruf kennenlernten. Später dann folge der Kiosk, der in den Eingangsbereich der Kantine verlagert werde.
Aufgrund der guten Kooperation mit dem EvH-Team stellte die Werkstatt-Leitung weitere Praxisprojekte mit der Evangelischen Hochschule in Aussicht.