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Profis mit Profil – EvH startet erfolgreich Pionierprojekt
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Profis mit Profil – EvH startet erfolgreich Pionierprojekt

Kooperation mit Bochumer Ehrenamtsagentur schafft Zugang

zu bisher kaum erschlossenem Arbeitsmarkt

Das Seminar „Profis mit Profil – Bürger mit Engagement: Zusammenarbeit von Fachkräften und Freiwilligen gestalten“ brachte im Sommersemester 2021 zum ersten Mal Studierende der Evangelischen Hochschule mit der Ehrenamtsagentur Bochum zusammen. Bereits nach dem ersten Semester kann sich das Zwischenergebnis sehen lassen – und interessierte Blicke aus vielen Städten Deutschlands richten sich gen Bochum.

Nicht nur hochschulintern stellt dies ein Novum dar, auch deutschlandweit betrachtet, ist das Seminar "Ehrenamt trifft Hauptamt" im Modul 4.4 BA Soziale Arbeit ein Vorreiter. Im Verlauf des Seminars hatten die Studierenden die Möglichkeit, innerhalb von kleinen Gruppen eigene Projekte rund um das Thema Ehrenamt zu entwickeln und durchzuführen. Untermauert wurde diese Arbeit von theoretischen Blöcken zum Thema Ehrenamt und unterschiedlichen Konzepten der Projektentwicklung.

So gab es immer wieder Seminareinheiten, in denen die Studierenden selbstständig und mit begleitender Beratung und Unterstützung durch die Lehrenden an ihren Skizzen arbeiten konnten. Ebenfalls bezeichnend für dieses Seminar ist die Möglichkeit, dass Projekte der Studierenden aus dem Sommersemester 2021 im Wintersemester 2021/2022 von den neuen Kursteilnehmer_innen weitergeführt werden können.

Innerhalb des ersten Seminars kristallisierten sich drei Gruppen mit ganz unterschiedlichen Projektideen und Ansätzen heraus. Die Studierenden rund um das Projekt „Ehrenamtliches Online-Deutsch-Kommunikationstraining für geflüchtete Frauen des Integrationshilfe-Vereins e.V. in Velbert-Langenberg“ entwickelten ein Konzept, das Deutschkurse für geflüchtete Frauen auch während der Corona-Krise ermöglicht. Mittels der Arbeitshilfe zur Projektentwicklung von Hiltrud von Spiegel sowie stetiger Rückmeldung und Austausches innerhalb des Seminars wurde das Projekt fachlich untermauert.

Eine weitere Studierendengruppe hatte das „barrierefreien Ehrenamt“ als Thema gewählt. „Die Idee kam uns, da es für Menschen mit Beeinträchtigung oftmals schwierig ist, sich ehrenamtlich zu engagieren oder diesbezüglich Informationen zu erhalten, da z.B. Infomaterialen nicht in einfacher Sprache verfasst sind. Daher war es unser Ziel, einen Flyer für Menschen mit Beeinträchtigung zu entwickeln, der auf Infoveranstaltungen zum Thema ehrenamtliches Engagement mit Beeinträchtigung hinweist“, so Julia Wandscheer. Ein interessanter Ansatz, der im kommenden Semester als Grundlage für eine Weiterführung des Projektes dienen kann.

Eine dritte Gruppe beschäftigte sich mit der Frage: „Wie kann man Jugendliche zum Ehrenamt motivieren?“ Um diese hinreichend zu erörtern, zogen die Studierenden neben der Fachliteratur auch die Perspektive von Expert_innen aus dem Bereich junges Ehrenamt heran und führten Interviews im Bereich der freiwilligen Feuerwehr, des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und im Jugendzentrum anyway in Köln durch.

Sie kamen zu der Erkenntnis, dass sich deren Meinungen mit der Literatur decken: „In der gemeinsamen Arbeit mit jugendlichen Ehrenamtlichen ist es von Bedeutung, unsere Grundhaltung zu reflektieren und den Jugendlichen mit einer wertschätzenden Haltung zu begegnen. Es gilt, die Bedürfnisse und Interessen der Jugendlichen zu berücksichtigen und im Sinne des Empowermentgedankens die Jugendlichen selbst tätig werden zu lassen“, berichtet Marcus Schmidt.

Die drei sehr unterschiedlichen Projekte zeigen, wie vielfältig die Möglichkeiten der Studierenden waren. Innerhalb kürzester Zeit hat das gemeinsame Angebot der Evangelischen Hochschule mit der Bochumer Ehrenamtsagentur landes- und bundesweites Interesse geweckt. So berichtet Uwe van der Lely, Geschäftsführer der Bochumer Ehrenamtsagentur, dass Austauschgespräche in NRW und sogar auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (bagfa e.V) gezeigt hätten, dass interessierte Blicke einiger Ehrenamtsagenturen nach Bochum gingen.

Denn, obwohl es Ehrenamtsagenturen in Deutschland in einigen Kommunen bereits seit über 40 Jahren gibt, besteht bundesweit kein Ausbildung-Angebot oder Vertiefung im Studium, das auf diesen interessanten Arbeitsmarkt vorbereitet. Bisher gibt es kein vergleichbares Angebot, das Studierende von Hochschulen über die vielfältigen Aufgaben einer Ehrenamtsagentur informiert sowie an die dort bestehenden und stetig neu entstehenden Arbeitsfelder und den äußerst interessanten Stellenmarkt heranführt.

Neben einem Eintauchen in historische Verbundenheit von Haupt- und Ehrenamt finden im Seminar zudem ein kritischer Diskurs und eine Auseinandersetzung des Verhältnisses von Haupt- und Ehrenamt statt. Dieser findet sich beispielsweise, so Prof. Dr. Kristin Sonnenberg, mit Blick auf sich möglicherweise überschneidende Arbeitsbereiche und der damit verbundenen Gefahr einer De-Professionalisierung, wenn Ehrenamt das Hauptamt ersetzen soll (Sparprogramme), aber auch in dem Trend zur Funktionalisierung des Ehrenamtes über eine sogenannte Monetarisierung, welche langfristig zur einer Ent-Demokratisierung und Ent-Politisierung des Ehrenamts führt.

Eine weitere praxisorientierte Schnittstelle bietet die Evangelische Hochschule Bochum mit dem Sozial-Wissenschaftsladen, der sich zum Ziel gesetzt hat, Gesellschaft und Wissenschaft zusammen zu bringen und praxisorientierte Ansätze für die Bewältigung ökologischer, ethischer, technischer oder sozialer Probleme und Fragestellungen zu entwickeln, die über zivilgesellschaftliche Akteur_innen eingebracht werden. Durch eine Anfrage der BEA in Person von Uwe van der Lely (Geschäftsführer der Bochumer Ehrenamtsagentur) wurde über den Sozial-Wissenschaftsladen hier der Kontakt in die Lehre zu Prof. Dr. Kristin Sonnenberg (Studiengangsleiterin BA Soziale Arbeit an der EvH) hergestellt und durch einen Besuch im Seminar begleitet.

Als Besonderheit empfanden es viele der Studierenden, dass sie sehr eigenständig arbeiten konnten und die Möglichkeit hatten, eigene Ideen zu verwirklichen, dabei aber nie ohne theoretischen Kontext und Rückhalt der Seminarleitung standen. So wurden wissenschaftlich untermauerte Inputs gegeben und konkrete Kontakte zu Akteuren rund um das Ehrenamt vermittelt, die die einzelnen Projekte unterstützen konnten.

Es gab also eine direkte Verknüpfung von theoretischem Input und praktischer Umsetzung. Die Studierende Aleksandra Brill bringt es auf den Punkt: „Das Seminar`Ehrenamt trifft Hauptamt´ bietet einen soliden theoretischen Hintergrund und ist insbesondere für eine qualitative und begründete Projektentwicklung im Bereich des Ehrenamtes zu empfehlen“.

Mittlerweile wird das Seminar bereits zum zweiten Mal an der Hochschule angeboten – diesmal erweitert um den Themenbereich „CSR - Unternehmen als soziale Akteure“. Die nächsten praxisorientierten Projekte werden derzeit im Seminar zum Thema „Wertschätzung im Ehrenamt, Motive“ von den Studierenden ausgearbeitet. Bei konsequenter Fortsetzung und sukzessivem Ausbau des Angebots sowie enger Verknüpfung mit dem bestehenden Lehrangebot besteht eine sehr gute Chance, so Uwe van der Lely, dass die Evangelische Hochschule hier ein weiteres bundesweites Alleinstellungsmerkmal entwickeln und Studierende künftig noch umfassender an diesen Arbeitsbereich heranführen und dafür sensibilisieren kann.

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