Fünf stolze Preisträger_innen, eine festlich geschmückte Liebfrauenkirche und etliche gute Worte zum Abschied: Im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes sind jetzt die EvH-Absolvent_innen des Wintersemesters 2016/2017 verabschiedet und fünf herausragende Abschlussarbeiten ausgezeichnet worden.
„Sie haben allen Grund, aus vollem Herzen zu strahlen“, wandte sich Hochschulseelsorgerin Brigitta Haberland an die Absolventen und Absolventinnen, die im Kreise ihrer Familien erschienen waren. „Sind Sie doch mit diesem Abschluss Ihrem Berufswunsch einen großen Schritt näher gekommen.“ Einerseits gehöre eine Portion Mut dazu, sich von der Studienzeit zu lösen. Andererseits berge die neue Zukunftsperspektive vor allem eines: jede Menge Freiheit. Ein Gedanke, den der Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Bochum, Dr. Gerald Hagmann, in seiner Predigt aufnahm.
„Einfach frei“: Bezugnehmend auf das Motto, unter dem die westfälische Kirche 2017 das 500. Reformationsjubiläum feiert, auf eines also, das den Freiheitsgedanken als Grundeinsicht reformatorischer Theologie aufgreift, wandte sich Hagmann an den scheidenden Rektor der Evangelischen Hochschule. „Wie klingt das für Sie, verehrter Herr Prof. Schäfer, der Sie den Ruhestand vor sich haben?“ Die Aussicht auf Tage frei von Lehrbetrieb, Baustellen und Kooperationsgesprächen – „einfach frei“?
Dass er in diesem Jahr gemeinsam mit den Absolvent_innen die Hochschule verlasse, ja, das sei für ihn ein Einschnitt, räumte Schäfer in seiner Gratulation ein. Zunächst aber überwog sein Stolz, 324 Studierenden zu ihrem Abschluss zu gratulieren – „davon bezeichnenderweise 58 Männern und 266 Frauen“. Damit haben 25 Absolvent_innen den Master und der Rest einen Bachelor in der Tasche – manch einer als erster Akademiker in der Familie überhaupt. „Liebe Mütter und Väter“, wandte sich der Rektor an die stolzen Eltern, „genießen Sie diesen Tag, denn er ist auch Ihr Verdienst!“
Einmal mehr zitierte Schäfer das Online-Portal studycheck, das die EvH deutschlandweit auf Platz 12 unter 519 Universitäten und Fachhochschulen listet. Bestnoten würden der Hochschule dort mitunter bescheinigt. Ihre ganz persönliche wusste Prof. Dr. Ursula Henke – die ebenso wie Prof. Dr. Hildegard Mogge-Großjahn jetzt in den Ruhestand tritt – in ihrem Grußwort zu umreißen. Für sie sei die EvH „ein Ort der Vielfalt“, so Henke, der sie „in 29,4 Jahren bereichert und geprägt“ habe.
Ein Höhepunkt des Gottesdienstes war die Verleihung der Preise für herausragende Abschlussarbeiten unter Regie des Vereins der Freunde und Förderer der EvH. Wie Pfarrerin Ursula Borchert vom Diakonischen Werk Bochum e.V., die die Urkunden überreichte, betonte, zeichneten sich die Arbeiten in diesem Frühjahr durch großen Praxisbezug und hohe Aktualität aus. Allein drei von ihnen hätten sich mit der Situation geflüchteter Menschen in Deutschland beschäftigt.
So ging gleich der erste Preis des Fördervereins in Abwesenheit an Majada Al-Saqaff und ihre Bachelorarbeit „Zur Situation geflüchteter Menschen in Bochum – Probleme ihrer Rechtswahrnehmungen im Asylverfahren“. Ursula Borchert zitierte aus einer Stellungnahme der Absolventin, die darin ihrer Hoffnung Ausdruck verlieh, dass die in ihrer Arbeit beleuchtete Thematik – die im Asylrecht angelegten Hürden für Menschen, ihr Recht auf Asyl zu erhalten, und die Notwendigkeit parteilicher, fachkundiger Beratung und Begleitung im Asylverfahren – als Gegenstand der Sozialen Arbeit künftig mehr Beachtung finde.
Mit einem zweiten Preis würdigte der Verein der Freunde und Förderer die Bachelorarbeit von Philip Kempkens "Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) in Deutschland. Eine Analyse der Komplexität". Wie Ursula Borchert betonte, habe der Absolvent mit seinen akribischen Quellenstudien quasi Neuland betreten und die psychosoziale Situation der Kinder und Jugendlichen beeindruckend skizziert. Im Gutachten heißt es dazu: Philip Kempkens gebe Bochumer Zeitzeugen eine Stimme und sensibilisiere gleichzeitig für Anforderungen an Professionelle in diesem Handlungsfeld.
Verwandt in der Thematik: die Bachelorarbeit von Sabine Söhnchen „Flucht und Trauma – Zusammenhänge zwischen Bindungsstilen und Traumabewältigung“, für die die Absolventin den Preis des Neukirchener Erziehungsvereins erhielt. Die beraterische Praxis im Handlungsfeld der Sozialen Arbeit anregend, macht die Arbeit laut Gutachten deutlich, dass und wie die politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die geflüchtete Menschen in Deutschland vorfinden, „dazu geeignet scheinen, bestehende Traumata zu verschlechtern“.
Die Diakonie Ruhr hingegen erachtete die Masterarbeit von Sophia Schmidt für preiswürdig: „Familienklassen als Instrument der sozialen Inklusion in der Schule“. Der besondere Beitrag der Absolventin bestehe, so das Gutachten, in einer empirischen Arbeit zur Einführung der Familienklassen an Bochumer Schulen. Dabei gehe sie in leitfadengestützten Interviews mit Eltern der Frage nach, welchen Beitrag die Familienkassen zur schulischen Inklusion leisten.
„Lebenszufriedenheit von erwachsenen Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung“ – so der Titel der Bachelorarbeit von Deborah Bald, mit der letztere das Evangelische Johanneswerk von sich überzeugt hatte. Die Jury bescheinigte der Arbeit hohe Praxisrelevanz – hatte die Absolventin doch 23 Menschen mit kognitiver Behinderung, die im Ambulant Betreuten Wohnen (ABW) des Evangelischen Johanneswerks leben, zu ihrer Lebenszufriedenheit befragt und die Ergebnisse den Teams des ABW zur Verfügung gestellt.
Stolz nahmen die vier anwesenden Preisträger ihre Urkunden entgegen - und feierten nach dem Gottesdienst mit den übrigen Absolvent_innen an der EvH ihren Erfolg. Dort hatten das Rektorat und der AStA zu einem Sektempfang mit kaltem Buffet geladen - und der Förderverein einmal mehr eine Fotobox spendiert, mit der die Besucher lustige Selfies schießen konnten.