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Tipps und Infos zum Umgang mit Behinderungen
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Tipps und Infos zum Umgang mit Behinderungen

Im Rahmen der Geburtstagswoche der Beratungsstelle BISS gaben jetzt Lena Sauerland vom BISS-Team (Foto, l.) und EvH-Behindertenbeauftragte Prof. Dr. Kathrin Römisch Tipps und Infos zum Umgang mit Behinderungen. Zum Workshop "Mit Behinderungen ist zu rechnen" waren Vertreterinnen des International Office, des Prüfungsamts, der Hochschulbibliothek, vom EvH-Beschaffungswesen sowie der Studienpioniere und der Innovativen Hochschule erschienen.

Sie alle schilderten Situationen aus ihrem Berufsalltag, in denen sie sich im Umgang mit behinderten Menschen unsicher fühlen. "Hast Du jetzt alles richtig gemacht?" oder "Habe ich etwas Falsches gesagt?", lauten Fragen, die sich die eine oder andere bisweilen stellt. Soll man/frau schnell Hilfe anbieten, wenn klar ist, ein Studierender im Rollstuhl kommt nicht an ein Buch heran? Oder lieber abwarten, bis der/die Betreffende um Hilfe bittet? Oftmals ist auch nicht sofort erkennbar, ob jemand eine Beeinträchtigung hat - womöglich nicht sehen oder hören kann.

"Natürlich gibt es hier kein Pauschalrezept. Menschen mit Behinderungen sind genauso Typen und haben unterschiedliche Charaktere, wie andere auch", so Kathrin Römisch, die einige handfeste Informationen mitgebracht hatte, um die Situation von beeinträchtigten Studierenden zu skizzieren. So hat eine Sozialerhebung aus dem Jahre 2017 ergeben, dass 11 Prozent der Studierenden in Deutschland eine studienrelevante Beeinträchtigung haben.

"Das heißt, sie spüren diese Beeinträchtigung im Studium", erklärte die Professorin. Tatsächlich seien es psychische Erkrankungen - dazu gehört auch Prüfungsangst -, die sich am meisten aufs Studium auswirkten. Auf den ersten Blick erkennbar seien die aber nicht, im Gegensatz zu "Bewegungsbeeinträchtigungen". Nur bei vier Prozent, so Römisch, könne man eine Beeinträchtigung überhaupt bei der ersten Begegnung wahrnehmen.

Wie eine Befragung ergab, ziehen psychische Beeinträchtigungen häufig Probleme im sozialen Miteinander nach sich, bei Prüfungen, Hausarbeiten und bei Leistungsnachweisen generell. Studierende fehlten häufig, verlören den Anschluss. "Viele von ihnen erfahren immer wieder Diskriminierung, Stigmatisierung und Ablehnung, haben das Gefühl, gerade auch mit Institutionen wie Ämtern um alles kämpfen zu müssen", so Römisch. "Für sie ist das etwas Alltägliches".

Wer genau zu Menschen mit Behinderung zählt, klärt Paragraph 2, SGB IX, Absatz 1: "Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können." Und: "Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht."

Behindert werde ein Mensch mit Beeinträchtigung also erst dadurch, dass er in unserer Gesellschaft an Barrieren stoße - gehindert an gesellschaftlicher Teilhabe sozusagen. Niemand komme auf die Welt und sage: "Oh, ich bin ja behindert", verdeutlichte Römisch. Für Kinder sei die Situation zunächst so, wie sie sei. Sie merkten ihre Behinderung erst, wenn sie im Alltag auf Hindernisse träfen (soziales Modell von Behinderung).

Behinderung sei darüber hinaus keine Krankheit - wohl aber könne eine Krankheit zu einer Behinderung führen. "Normal" oder "gesund" seien keinesfalls das Gegenteil von Behinderung. "Hingegen ist es normal, verschieden zu sein!" Behinderung sei immer relativ: So könne ein Mensch ohne Beine sicherlich kein Langstreckenläufer werden (es sei denn, er greift auf Prothesen zurück), dafür aber ein brillanter Gelehrter oder Wissenschaftler.

Im täglichen Umgang müsse niemand Angst vor dem Wort "Behinderung" haben, stellte die Lehrende klar. Mit dem Begriff "Beeinträchtigung" liege man allerdings in jedem Fall richtig. Kathrin Römisch plädierte abschließend für eine offene Kommunikation. "Fragen Sie ruhig: Brauchen Sie Unterstützung - und wenn ja, welche?"

Im zweiten Teil des Workshops führte Lena Sauerland die Anwesenden durch eine Art Traumreise. Es galt, sich in zwei Personen mit Beeinträchtigung und eine bestimmte Situation hineinzuversetzen. Jede Teilnehmerin suchte sich eine davon aus: Entweder die EvH-Mitarbeiterin im Rollstuhl mit einer Spastik, die erst seit kurzem an der Hochschule sei und gerne mit auf ihren ersten Betriebsausflug wolle. Oder den Studierenden mit Seh-Beeinträchtigung, der in der Hochschulbibliothek für seine allererste Hausarbeit recherchiere. Sein Anliegen: Wie finde ich Literatur?

Theoretische Grundlagen und Begriffsbestimmungen sowie das Einfühlen in die Situation eines behinderten Menschen halfen den Workshop-Teilnehmerinnen unterm Strich, künftig etwas sicherer mit beeinträchtigten Menschen umgehen zu können.

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