Die Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe (EvH RWL) hat eine neue Rektorin: Im Rahmen eines feierlichen Festakts hat Prof. Dr. Gerhard K. Schäfer am Mittwoch das Rektorat an Prof. Dr. Dr. Sigrid Graumann übergeben. Zehn Jahre lang lenkte der habilitierte Theologe Schäfer, der seit 1998 als Professor für Gemeindepädagogik und Diakoniewissenschaften an der EvH lehrte, als Rektor die Geschicke der Hochschule. Nun übernimmt Sigrid Graumann den Staffelstab.
Seit 2011 EvH-Professorin für Ethik im Fachbereich Heilpädagogik und Pflege, hat die zweifach-promovierte Biologin und Philosophin seit 2016 einen Sitz im Deutschen Ethikrat inne. Die bisherige Prorektorin für Forschung und Weiterbildung ist die erste Frau an der Spitze der Hochschule.
"Ich empfinde es einerseits als große Herausforderung, die Nachfolge eines so erfolgreichen und beliebten Rektors anzutreten“, sagte Graumann bei ihrem Ausblick auf die kommende Zeit. „Andererseits heißt das auch, die Leitung einer Hochschule zu übernehmen, die so gut dasteht wie nie zuvor: Wir – das neue Rektorat – haben uns vorgenommen, daran anzuknüpfen.“ Ziel sei es, eine Balance zwischen Konsolidierung und Innovation zu finden.
„Die Erwartungen von Politik und Gesellschaft an Fachhochschulen haben sich verändert. Wir sollen zu sozialer Innovation beitragen“, so Graumann. Soziale Innovation aber hänge entscheidend davon ab, dass Menschen mitgenommen würden – nicht ganz einfach in einer pluralen und zunehmend gespaltenen Gesellschaft. In dieser Situation solle und wolle die EvH einen Beitrag zur Bewältigung zentraler gesellschaftlicher Herausforderungen leisten.
Dazu gehöre die Inklusion von Menschen mit Behinderung, mit Flucht- und Migrationsgeschichte und von Menschen, die aus anderen Gründen sozial benachteiligt sind. „In diesem Kontext übernehmen wir als Hochschule gesellschaftliche Verantwortung – zum einen, indem wir fachlich kompetente und ethisch reflektierte Fachkräfte in die Praxis entlassen.“ Zum anderen trügen die Lehrenden mit ihren zunehmenden Forschungs- und Transferaktivitäten zu sozialer Innovation bei.
Prof. Gerhard K. Schäfer zeigte sich bei seinem Rückblick auf zehn Jahre im Amt sichtlich bewegt. „Vieles hat sich sehr positiv gestaltet“, betonte er und zählte auf: „Schärfung des evangelischen Profils, die Hochschule als Bildungsort und als soziales Biotop konturieren, die Bedingungen für Forschung und Transfer optimieren, Serviceangebote und räumliche Bedingungen verbessern, das waren einige der Aufgaben, die wir gemeinsam angegangen sind.“
Nun freue er sich sehr, so Schäfer, dass Sigrid Graumann seine Nachfolgerin sei. „,Assistierte Freiheit´ – so lautet der Titel ihrer praktisch-philosophischen Programmschrift. Ich bin sicher“, unterstrich der scheidende Rektor, „Sigrid Graumann wird die Hochschule als Ort wissenschaftlicher Freiheit und als Ort ethischer Urteilsbildung und sozialer Verantwortung weiter entwickeln.“
Neu im Rektorat, dem Prof. Dr. Florian Gerlach bereits als Prorektor für Studium und Lehre und Heike Schmidtchen als Kanzlerin angehören, ist Prof. Dr. Jan Friedemann. Von 2013 bis 2014 als Prodekan und von 2014 bis 2017 als Dekan am Fachbereich I „Soziale Arbeit, Bildung und Diakonie“ tätig, freut sich der promovierte Gesundheitswissenschaftler nun auf seine Aufgabe als Prorektor für Forschung und Weiterbildung – insbesondere auf „die Arbeit im neuen Team“. „Ich möchte mich ganz ausdrücklich für das mir als Anfänger im Amt entgegengebrachte enorme Vertrauen bei der gesamten Hochschule bedanken“, so Friedemann. „Ich bin zuversichtlich, dass wir den richtigen Dreiklang aus Zuhören, Gestalten und Bewahren finden."
Bochums Bürgermeisterin Gabriela Schäfer würdigte in ihrem Grußwort Prof. Dr. Gerhard K. Schäfers Mitwirkung am Entstehen des „bundesweit einmaligen“ Hochschul-Netzwerks UniverCity Bochum, dem die EvH seit dessen Gründung angehört.
„Im Wissen um die Bedeutung von Bildung und Sozialkompetenz - gerade in Zeiten struktureller Veränderungen - haben Sie die Evangelische Hochschule innerhalb des UniverCity-Netzwerks stets als unverzichtbare Begleiterin des Strukturwandels im Revier angesehen und sie in diesem Sinne geleitet,“ wandte sie sich an den scheidenden Rektor. „Dafür danke ich Ihnen herzlich.“
Auch fiel in Schäfers Amtszeit die Umbenennung der Evangelischen Fachhochschule in Evangelische Hochschule RWL im Jahre 2016. „Eine geringfügige semantische Änderung, die jedoch von großer Wirkung und Symbolik ist“, so die Bürgermeisterin. Profitiere die Stadt doch sehr davon, dass die EvH mit ihrem besonderen Profil ihre universitäre Landschaft bereichere.
NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze hob in ihrem Grußwort ebenfalls den Stellenwert der EvH hervor. „Die Evangelische Hochschule ist ein Ort des freien Denkens – im 500. Jahr der Reformation kann man nicht oft genug daran erinnern, dass es ein wesentliches Fundament unserer Gesellschaft ist, Dinge kritisch zu hinterfragen“, sagte Schulze und wandte sich dann an die neue Rektorin: „Ich wünsche Ihnen, Frau Professor Graumann, stets eine glückliche Hand und viel Erfolg für die Leitung der größten evangelischen Hochschule in Deutschland.“