Die Farbwelten der Heidi Jung: Seit Mittwoch, 18. Mai, werden Werke von Heidi Jung an der Evangelischen Hochschule gezeigt. Organisiert wurde die Ausstellung von EvH-Studierenden der Ästhetischen Bildung um Prof. Dr. Helene Skladny und Dr. Stephan Strsembski.
Die inzwischen verstorbene Heidi Jung kam 1949 in Essen mit einer Einschränkung auf die Welt, dem Downsyndrom. Sie wurde damals als bildungsunfähig eingestuft und durfte keine Regelschule besuchen. Die Ausstellung ihrer Werke, die jetzt an der EvH zu sehen ist, kündet von dieser Hintergrundgeschichte.
Heidi Jung wurde aus der Gesellschaft früh weitgehend ausgeschlossen. Ihre künstlerische Entwicklung begann in einer Essener Kirchengemeinde, in der sie und ihre Familie sehr verwurzelt waren. Dort gab es eine private Schulklasse, die im Rahmen einer Initiative von Eltern, deren Kinder eine Behinderung hatten, gegründet worden war. Auch Heidi Jungs Eltern waren dabei sehr aktiv. Eine Lehrerin erkannte ihr Talent, bemerkte ihre Kenntnisse in Schrift sowie ihr Erinnerungsvermögen, mit dem sie sich von den anderen Schülern mit geistiger Behinderung unterschied.
„Alles musste sehr ordentlich und immer nach dem gleichen Schema zugehen“, erinnert sich die Lehrerin. Dies sei ein typisches Merkmal von Trisomie 21. Diese immer gleichen Strukturen lassen sich auch in Heidi Jungs Kunstwerken wiedererkennen. Die Art des Malens entwickelte sie eigenständig. Sie zeichnete mit Filzstift – täglich zwei Werke. Später malte sie sogar auf Bestellung.
Heidi Jung ließ keine Stelle des Papiers weiß, alles füllte sie aus. Sie kreierte sogar eigene Farbwelten und drückte ihre Vitalität in den Bildern aus - was viele EvH-Studierende überrascht hat. Mit den strahlenden Farben und intensiven Mustern bereitete sie vielen ihrer Nahestehenden große Freude.
Erlebnisse wie Urlaubsreisen in die Schweiz, Bootsfahrten oder die bunt leuchtenden Kirchenfenster brachte sie aufs Papier. Alles Erfahrungen aus ihrem Leben, die ihre Lebensfreude zeigen – und die neugierigen Studierenden der Evangelischen Hochschule damit anstecken. Im Forum „Billebrinkhöhe“ in Essen haben die Studierenden deshalb besonders ansprechende und aussagekräftige Bilder ausgewählt, die in der barrierefreien Ausstellung im Kunstflur (Untergeschoss der Hochschule) präsentiert werden.
Bei der feierlichen Vernissage war auch Elke Ahaus Jung, die Schwester der verstorbenen Künstlerin, zu Gast. Sie sagt: „Ich danke Gott und meiner Familie, dass es Heidi in unserer Familie gab. Es ist sehr schön, dass Heidi so war, wie sie war.“ Heute hätte Heidi Jung an der Evangelischen Hochschule in Bochum, in der die Inklusion als selbstverständlich erachtet wird, ihren Platz sicher gefunden.
Lina Ortmann