Es gibt Situationen in meinem Leben, die machen mir große Angst. Prüfungen zum Beispiel. Dann würde ich gern weglaufen oder wünsche mir einen Angstfresser.
Der drohende Jobverlust, eine schwere Krankheit, der bevorstehende Tod eines geliebten Menschen – manchmal kann man nicht weglaufen.
Anders ist es mit Prüfungen. Ich kann sie theoretisch verschieben oder nicht hingehen. Fürs Erste ist die Angst dann fort. Aber ich zahle einen Preis. Vielleicht wird das Studium länger. Vielleicht muss ich meine Berufspläne ändern.
Angst kann übermächtig werden. Sie kann das ganze Leben zum Erliegen bringen. Heimlich schleicht sie sich in meine Pläne und drängt mich ab vom Ziel und treibt mich wie ein hungriger Wolf vor sich her.
Es gibt viele Wege, vor der Angst davonzulaufen: Ich kann sie zu betäuben suchen mit Drogen, Alkohol, gutem Essen oder was mir sonst gute Gefühle verschafft. Ich kann mein Leben auf sie abstimmen und alles vermeiden, was mir Angst macht, bis ich selbst kaum noch Platz in meinem Leben finde.
Wie sie überwinden?
Einen Weg aus der Angst beschreibt der untenstehende Vers in Psalm 31.
Ich sprach, da ich weglief vor Angst: Ich bin verstoßen aus deinen Augen. Doch du hast mein lautes Flehen gehört, als ich zu dir schrie.
Psalm 31,23
Der Mensch, der hier spricht, hat Angst. Große Angst: Angst sein Leben zu verlieren, Angst, zugefügte Schmerzen nicht zu ertragen, Angst unter die Räder zu kommen. Alles scheint ihm aussichtslos. Er ist am Ende.
Doch ganz tief im Innern, ihm gar nicht recht bewusst, beginnt eine winzige Hoffnung zu keimen, ein wirklich nur ganz, ganz zarter Hoffnungsschimmer, dass da vielleicht doch einer ist, der ihn retten kann. Und er beginnt zu schreien. Denn wer schreit, der hofft ja, dass ihn jemand hört, der helfen kann, auch wenn es noch so unwahrscheinlich ist. Aus Leibeskräften schreit er und streckt seine Arme aus, hin zu dem, der vielleicht helfen kann. Er fleht und bittet, damit der andere sich doch auch bitte, bitte zu ihm wende und helfe.
Auch im Gebet strecken wir bildlich gesprochen die Arme nach Gottes Hilfe aus, packen in Worte, was uns furchtsam in die Enge treibt, uns lähmt und droht die Luft abzuschneiden. Verzweifelt schleudern wir sie heraus, weg von uns – hin zu dem, von dem wir hoffen, dass er uns hört und unser Leben in Händen hält.
„Not lehrt beten“ lautet ein Sprichwort. Auch wenn unsere Zweifel, unsere Fragen, wer oder was „Gott“ ist und ob es so etwas wie „Gott“ wohl gibt, groß sind. Die zaghaft glimmende Hoffnung,- sei sie auch noch so schwach - dass dieser Gott helfen könnte, hält am Leben. Und so bringt manches Stoßgebet nicht nur Erleichterung, sondern auch unseren Durchhaltewillen auf die Beine. Auch die kleinste Hoffnung auf Gott gibt Kraft.
Und wir spüren: wir sind geborgen, wir sind nicht allein, ja, da ist einer, der uns hält, der bei uns ist, dem wir uns mit unserer ganzen Angst in die Arme werfen können. So getröstet, beginnen Klarheit und Ruhe zu wachsen. Es erwacht neuer Mut in uns. Und wir beginnen zu sehen, was wir tun können.
Auch in Prüfungszeiten kann es helfen, uns in die Obhut Gottes zu geben. Im Gebet können wir sagen, was wir auf dem Herzen haben, unsere Angst hinausschreien. Es braucht keine Form, keine festen Formeln, auch wenn sie uns helfen können. Wir können im Stillen oder laut beten, an jedem Ort. Jesus ermutigt dazu, wenn er sagt: Bittet, so wird Euch gegeben. Suchet, so werdet ihr finden; und wer da anklopft, dem wird aufgetan. (Matt 7, 7-11).
In Prüfungszeiten kann das heißen: Bitte um Ruhe und Klarheit, um den Mut, den eigenen Weg zu suchen und die innere Kraft, angebotene Chancen zu nutzen und mit beiden Händen zu greifen.
In diesem Sinne mit den besten Wünschen für Ihre Prüfungen im So Se 2020
Brigitta Haberland
Seelsorge