Abend(rot) der Begegnung – so fängt der Kirchentag 2019 gut an, denke ich und schlendere an den verschiedenen Ständen vorbei, von denen ich u.a. frittierte Kochbananen und vegetarischen Linsendahl mit Brot genieße - irgendwie muss ja die eigene Gemeinde unterstützt werden. Die trudelt am frühen Nachmittag ab 12 Uhr in der Innenstadt von Dortmund nach und nach ein, und während bei uns daheim in Gelsenkirchen vom Kölner Radiosender „1Live“ drei Tage wach ausgerufen werden, sind es in Dortmund ganze fünf Tage wach, die jetzt eröffnet werden.
Das Quartier in einer Grundschule in der tiefsten Nordstadt - mit dem nahe gelegenen Fredensbaumpark - bezogen, wo das Zentrum Jugend mit diversen Escape Rooms auf uns wartet, lasse ich mich lostreiben mit der Menge, mit der ich mich in den nächsten Tagen durch Dortmunds Gassen und an Dortmunds S- und U-Bahn-Haltestellen drängen, in der voll besetzten Bahn intensiv diskutieren und lauthals singen werde.
Immer wieder blitzen auch bekannte Gesichter auf, was dem Gefühl eines Gemeinschaftserlebnisses noch das Tüpfelchen auf das I setzt. Neben unendlichen Konzerten, die ich im Vorbeischlendern auflese und deren musikalische Weisheiten ich als Erinnerung an diesen Kirchentag sowohl von der Bühne (Wollen Sie In Ihrem Job ausschlafen, werden sie Musiker_in“) als auch aus dem Publikum („oder Jugendreferent_in) verinnerliche und der Untersuchung eines Horrorfilms auf christliche Motive wird mir das Interview mit dem kongolesischen Arzt Dr. Denis Mukwege in Erinnerung bleiben, der in seiner Heimatstadt Bukavu als Gynäkologe in seiner mit Spendengeldern erbauten Klinik Frauen behandelt, die Opfer sexueller Gewalt wurden.
Für seine herausragende Arbeit erhielt er den Friedensnobelpreis. Dafür nehme ich dann auch in Kauf, dass ich hinterher nicht mehr auf den überfüllten Bahnsteig der Westfahlenhallen komme und meinen Workshop im Zentrum Jugend verpasse. Das ist eben auch Kirchentag: Es kommt immer anders als man denkt, wofür jedoch alle Beteiligten und Anwohner Verständnis aufbringen, wie mir eine Passantin anvertraut: „Meine Bahn kommt fünf Minuten später wegen diesem Kirchengedöns“.
Bevor es dann am Sonntagmorgen ins Westfalenstadion zum Abschlussgottesdienst geht, sehe ich am letzten Abend dabei zu, wie das Giora Feidmann Sextett die Halle 3 der Westfalenhallen mit allerfeinster Klezmer Music rockt. Für mich, der seinen letzten Kirchentag vor neun Jahren in Dresden erlebte, war es wieder ein unverwechselbares Erlebnis und im Vergleich dazu hatte ich das Gefühl, das „Kirchengedöns“ diesmal noch bewusster erlebt zu haben.
Maximilian Wenzel