Die Beratungsstelle BISS hat für studierende Eltern im derzeit laufenden Digital-Semester bislang vier Online-Treffen angeboten. 98 Prozent der Teilnehmer_innen waren Erstsemester. Studieren und Kinderbetreuung verlangen gerade ihnen in Pandemie-Zeiten eine Menge ab. "Aber die allermeisten von ihnen boxen sich durch", weiß Nicole Hansen von BISS.
Sie zeigten ein starkes Engagement, auf andere zuzugehen. Auch haben viele von ihnen bereits gute Erfahrungen im Umgang mit Lehrenden und EvH-Verwaltung gemacht. Andere haben außerdem - dank der Erstsemester-Tutor_innen - gute Netzwerke, auf die sie zurückgreifen können.
"Trotzdem ist das Studium für viele zu einer regelrechten Managementaufgabe geworden," weiß Nicole Hansen. Die Beraterinnen unterstützen die Studierenden dabei, Ihre Zeit effizient einzuteilen und Prioritäten zu setzen, damit sie sich auf das Wesentliche konzentrieren können.
Probleme bereiteten einigen sehr textlastige Aufgabenstellungen - wenn sie in Moodle unzählige Seiten Literatur aufbekämen, wie eine Studierende gerade, "dann stoßen sie schon mal an ihre Grenzen." Denn noch immer haben sich die Kinderbetreuungsangebote nicht wieder so eingependelt, dass ein Studium wie gehabt möglich ist. Nur Alleinerziehende in der Abschlussarbeit hätten per se Anspruch auf eine Kita-Notbetreuung. Dennoch hört Nicole Hansen oft auch von Studierenden in höheren Semestern, wie dankbar sie für die moderaten Regelungen an der EvH seien.
Immer wieder weist sie etwa darauf hin, dass Prüflinge im Erstversuch derzeit kein Risiko eingehen: Wer die Prüfung im ersten Anlauf nicht schafft, gilt in der nächsten Prüfungsrunde wieder als Erstversuch. Auch sind die Fristen für Bachelor- und Masterarbeiten nach hinten verschoben worden, was vielen die Prüfung erleichtere. Und: Wer sich nach dem 12. Juni von der Prüfung abmelden wolle, könne dies derzeit mit den üblichen Gründen tun und beispielsweise wegen fehlender Kinderbetreuung o.Ä. einen Antrag stellen, über den im Einzelfall entschieden wird.
Aber auch andere Anliegen erreichen die BISS-Beraterinnen: Sind Studierende vorbelastet, dann fällt ihnen das Lernen im häuslichen Umfeld oft schwer. Hier gilt es, zum Durchhalten zu motivieren. Andere haben noch nie so entspannt studiert, wie zu Coronazeiten. Wieder andere empfinden das Online-Lernen als zeitintensiver. "Klar, sie müssen sich jetzt viel mehr selbst erarbeiten und feste Besprechungstermine einhalten", hat Nicole Hansen Verständnis. "Das erhöht den Stress." Guter Rat ist dann teuer, wenn Studierende wegen der Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen tagsüber wichtige Online-Termine nicht wahrnehmen können.
Wie stellt man sich angesichts zahlreicher Planänderungen neu auf? Wie findet man seine Alltagsstruktur und Routine? Wie geht es in Pandemie-Zeiten nach dem Studium weiter? Wie begegnet man Prüfungssorgen? Die Fragen an die BISS-Expertinnen sind vielfältig. Doch im Vergleich zu anderen Hochschulen liefen an der EvH Anträge auf Flexibilisierung problemlos, wie Nicole Hansen berichtet. Sowohl der Studierendenservice, als auch das Prüfungsamt zeigten sich sehr offen für die Bedürfnisse der Studis.
Damit auch die übrigen Erstsemester - jene ohne Kinder - an wertvolle Tipps kommen und Fragen loswerden können, bietet die Beratungsstelle BISS für sie am Freitag, 5. Juni, und am Mittwoch, 10. Juni, jeweils von 11 bis 12 Uhr ein Online-"Meet & Greet" an. Das nächste Online-Elterntreffen ist für Mittwoch, 10. Juni, 20 Uhr geplant. Für beide Veranstaltungen können sich Interessierte per E-Mail unter hansen@evh-bochum.de anmelden.
Seit Mai wird das BISS-Team überdies von Anna Käser unterstützt. Sie ist systemische Beraterin und bringt neben einem Master in Psychosozialer Beratung (M.A.) auch viel Erfahrung aus verschiedenen Praxisfeldern Sozialer Arbeit mit. Durch Lehraufträge in vergangenen Semestern ist ihr die Hochschule vertraut, und sie freut sich, den Studierenden beratend und unterstützend zur Seite zu stehen. Erreichbar ist Anna Käser telefonisch unter 0234/36901-140 oder per Mail: kaeser@evh-bochum.de
Ebenso wie Lena Sauerland ist auch Nicole Hansen von der Beratungsstelle BISS in diesen Wochen telefonisch und online für Anfragen von Studierenden offen. Ihre Endspurt-Gruppe, die Studis in der Phase ihrer Abschlussarbeit per Coaching unterstützt, betreut sie derzeit über DFN-Video-Meetings.
"Trotz Corona kommen aber auch viele ,normale´ Anliegen rein", erzählt sie. Schwangere, die wissen möchten, wie sie ihr Semester weiter gestalten, sich beurlauben lassen, Unterstützung beantragen können, wie die Prüfungen ablaufen. "Nachfragen zum Nachteilsausgleich oder zu Kita-Angeboten."
Natürlich melden sich auch EvH-Studierende in der Beratungsstelle, die corona-bedingt ihren Job verloren haben. Wenn Letztere damit bislang ihren Lebensunterhalt bestritten haben und nicht BaföG-berechtigt waren, kann es passieren, dass sie jetzt zum Beispiel ihre Abschlussarbeit unterbrechen müssen. Möglich ist aber, ihren aktuellen Anspruch nochmal zu prüfen - weil etwa das Elterneinkommen wegen Corona gesunken ist. Oder sie lassen sich vom Studium beurlauben, um Arbeitslosengeld II beantragen zu können. "Ein Antrag auf Beurlaubung kann im Studierendenservice gestellt werden," so Hansen.
Dann gibt es an der Hochschule Studierende mit einem Handicap, die auf Assistenz angewiesen sind. Einer von ihnen ist in Sorge, "dass ihm, wenn er sich infiziert, diese Hilfe wegbrechen könnte". Ein Problem, wenn ansonsten kein familiäres Netzwerk da ist. Die BISS-Beraterinnen hören in solchen Fällen gut zu und spielen alle Eventualitäten durch. Auch das kann helfen, Ängste zu lindern.
Manchen Studierenden in der Abschlussphase fällt es schwer, ihre Bachelor- oder Masterarbeit zuhause zu schreiben. "Plötzlich ist ihre ganze Struktur zusammengebrochen. Sie sind es gewöhnt, dass sie an der Hochschule schreiben, wo sie Kontakte haben, sich austauschen können, schnell an Bücher kommen", erzählt Nicole Hansen. Im eigenen Wohnzimmer fällt ihnen die Decke auf den Kopf und die Konzentration schwer.
Hausputz, Handy, Internet - "wenn einem tausend Dinge einfallen, die man ansonsten tun könnte, ist es nicht einfach, ins Schreiben zu kommen", hat sie Verständnis und Verbesserungstipps auf Lager. So sei es hilfreich, sich eine neue Alltags- und Tagesstruktur aufzubauen, einen speziellen Arbeitsplatz in der Wohnung abzutrennen, der nur fürs Schreiben gedacht ist. "Oder sich mit dem Laptop nach draußen zu setzen und gezielt eine Stunde zu arbeiten." In einer Situation wie dieser, die irritierend ungewohnt ist, helfe es, vertraute Abläufe neu zu organisieren.
Etliche Telefonate drehen sich darum, dass Studierende in der Pflege momentan stärker in ihren Einrichtungen gefordert sind, da Kolleg_innen ausfallen - oder studierende Eltern zu Hause ihre Kinder versorgen müssen. "Ich komme gar nicht mehr zum Studium", hört Nicole Hansen dann - und entlässt die Studis mental aus der druckvollen Situation. Sie bestärkt sie darin, jetzt das zu tun, was möglich ist, einen guten Job zu machen und das Versäumte irgendwann in Ruhe wieder aufzuholen.
Dennoch rät sie ihnen auch, auf sich zu achten, sich zu positionieren und abzugrenzen, wenn der Stress am Arbeitsplatz zu groß wird. "Sie müssen ihren Arbeitgebern klar machen, dass sie im Hauptberuf immer noch Studierende sind." Denn wer mehr als 20 Wochenstunden arbeite, verliere seinen Studierenden-Status - an dem nicht zuletzt auch die Kranken- und Sozialversicherungen hängen, die dann nicht weiter bestehen können.