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Mehr Fragen als Antworten
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Mehr Fragen als Antworten

Ringvorlesung: Kultur, Religion, Geschlecht – Neue Aushandlungen und Positionierungen

Die Bewegung der Flüchtenden, die infolge von Bürgerkriegen und Armut in Deutschland Schutz suchen, bewegt auch die hiesige Gesellschaft. In vielen Bereichen – auch den Wissenschaften – werden über die Kategorien Kultur, Geschlecht und Religion Identitäten und Zugehörigkeiten neu verhandelt. Besonders über die Medienberichte, aber auch im politischen Diskurs und der konkreten sozialen Arbeit mit den Geflüchteten sind – mehr oder weniger kenntnisreich – Begriffe  wie Islam, Islamismus und Fundamentalismus omnipräsent.

Diese gesellschaftlichen Suchbewegungen wurden im Rahmen der Ringvorlesung „Kultur, Religion, Geschlecht – Neue Aushandlungen und Positionierungen“ an der Ev.Hochschule RWL interdisziplinär in den Blick genommen. Dabei haben sich mehr Fragen als Antworten ergeben, die hochschulöffentlich, in wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Diskursen sowie in der konkreten Betreuung weiter bearbeitet werden können und müssen.

Die eingeladenen Referent_innen repräsentieren diese Transferleistungen zwischen Theorie und Praxis schon rein beruflich. Prof. Dr. Mouhanad Khorchide von der Universität Münster beschäftigte sich islamwissenschaftlich und religionspädagogisch mit dem Problem der Legitimation von Gewalt im Namen des Islams. Sein Entwurf einer humanistischen Interpretation des Koran eröffnet Möglichkeiten eines konstruktiven Miteinanders von Muslim_innen und NichtMuslim_innen, statt in den oft bemühten Vorstellung unüberbrückbarer Differenzen zu verharren. Die Faszination am Fundamentalismus ist emotional wie rational eine Art Grenzfall des Verstehens. Wissenschaftliche Konzepte kommen hier immer zu spät, weil sie erst möglich werden, wenn das Phänomen schon entstanden ist. Das problematisierte der Bochumer Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Eppenstein und stelle gleichzeitig pädagogische Perspektiven zur Deradikalisierung von Jugendlichen zur Diskussion. Medien können polarisieren und sie können islamistischen Strömungen dienlich sein. Auch der Sozialwissenschaftler Mustafa Doymus vom ifc Medienzentrum in Köln näherte sich diesem Thema nicht nur analytisch. Seine Erfahrungen in der Präventionsarbeit mit Kindern und Jugendlichen lieferten auch einen anderen Zugang: die vielfältigen kreativen und kritischen Möglichkeiten im Umgang mit den neuen Plattformen. Die Islamisierung des Terrors ist vor allem der politischen Situation im Nahen Osten geschuldet. Der Nahostreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, Dr. Kamal Sido, erklärte am Beispiel Syriens die vielschichtigen, widerstreitenden, geopolitischen Interessen, die zu dessen Entstehung beitragen. Vor diesem Hintergrund ist die Bewegung der Flüchtenden zu verstehen. Diese Menschen sind – viele davon traumatisiert – Opfer dieser Verhältnisse. Sie stellen gleichzeitig auf gefährlichen Fluchtwillen ihren Überlebenswillen unter Beweis. Welche Herausforderungen damit für das Gesundheits- und Sozialwesen entstehen, davon berichtete die Psychologin Eva van Keuk vom Psychosozialen Zentrum für Flüchtlinge in Düsseldorf. Alte Gewissheiten nationalstaatlicher Ordnungen und homogener Gesellschaftsbilder müssen befragt werden. Das bietet auch Chancen für ein weltoffenes, gesellschaftliches Zusammenleben.

Dauer: Sommersemester 2016
Projektleitung: Prof. Dr. Cinur Ghaderi und Hochschulseelsorgerin Brigitta Haberland
Transferleistungen des Projekts: Vermittlung gesellschaftspolitischer und praxisrelevanter Fragen an Studierende und Institutionen der Flüchtlingsarbeit und der Zivilgesellschaft.
Ergebnisse/Veröffentlichungen: Veröffentlichung der Vorträge in unterschiedlichen Buchprojekten
Projekttyp: Eigenmittel