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Schattenseiten – Die soziale Wirklichkeit im Ruhrgebiet

Eine Veranstaltungsreihe anlässlich des Reformationsjubiläums

Ziel der Veranstaltungsreihe im Jahr des Reformationsjubiläums ist es, die öffentliche Aufmerksamkeit auf soziale Ausgrenzungsprozesse in städtischen Zentren des Ruhrgebiets zu lenken. Die EvH kooperiert dabei mit Kirchenkreisen bzw. Diakonischen Werken. Die Hochschule macht damit ihren politischen Anspruch deutlich, Ausgrenzungen, wachsende Armut und Ungleichheit auf wissenschaftlicher Grundlage zu thematisieren und im lokalen Raum zu diskutieren.

Ein entscheidendes Merkmal der Veranstaltungsreihe ist die Vernetzung: zwischen Studierenden und Lehrenden der EvH Bochum, lokalen, kirchlich-diakonischen wie auch kommunalen Akteuren in sozialen Handlungsfeldern sowie Vertreter_innen der Politik. Überdies versteht sich die Reihe als Ergänzung der vielfältigen reformatorischen Erinnerungsakzente – indem sie soziale Ungleichheit, Armut und Ausgrenzung vieler Menschen in den Ballungsräumen des Ruhrgebiets auch als kirchliche Herausforderung thematisiert. Die Arbeit vor Ort wird dabei in einen größeren sozial- und ordnungspolitischen Kontext gestellt.

Die fünf Veranstaltungen greifen jeweils spezifische Fragestellungen auf, die durch die lokale und regionale Situation mitbedingt sind. Die Podiumsdiskussion in Oberhausen als Auftakt etwa bemühte sich im Anschluss an den Eingangsvortrag von Prof. Dr. Uwe Becker (EvH) um eine ganzheitliche Sicht von Armut:

Armut, so Becker, sei nicht nur verursacht durch ordnungspolitische Umbrüche (Hartz-IV, Einbrüche in der Renten- und Krankenversicherung). Auch komme hinzu, dass die kommunale Daseinsvorsorge in vielen Kommunen Not leide, öffentliche Armut wachse und der Wohnort wesentlich über das Maß der Lebensqualität entscheide.

Für eine Gesamtoptik der Armut dürfe nicht übersehen werden, dass auch die Qualität der sozialen Dienstleitungen Einbrüche verzeichne und die Gefahr bestehe, dass „die soziale Misere auch noch um eine Misere der sozialen Dienstleitungen“ z.B. in der Pflege verschärft werde. An der Diskussion nahmen u.a. der Präses der rheinischen Kirche, Manfred Rekowski, und die Oberhausener Sozialdezernentin Elke Münich teil.

Die Veranstaltung in Essen startete mit einem Impuls von Prof. Dr. Fabian Kessl von der Universität Duisburg-Essen. Darin ging er der Frage nach, welche theoretischen Konzepte und konkreten Nutzer_innen des öffentlichen Raumes in Konkurrenz zueinander stehen und welche Konflikte sich daraus ergeben - in Essen gerade in Hinsicht auf den Bahnhofvorplatz ein hochaktuelles Thema.

In Kooperation mit Diakonie und Kirchenkreis geht es in Dortmund um (notwendige) Kosten einer menschlichen Flüchtlingspolitik – die aufgrund klammer kommunaler Haushalte in Konkurrenz stehen zu anderen (sozialen) städtischen Aufgaben und Ansprüchen. Die Folge: Konflikte drohen unausgesprochen zu bleiben und die kommunale Sozialpolitik sowie ihre Adressaten mit ihnen allein gelassen zu werden. Ein guter Nährboden für rechten Populismus?

„Gerechtigkeit braucht Reform“: In Duisburg greift Prof. Dr. Ernst Ulrich Huster die Diskussion um das Erbe der Reformation auf. Er verweist dabei auf Parallelen zwischen Dynamiken der damaligen Zeit und Eckwerten des gegenwärtigen Strukturwandels. Letzter ist gerade in Duisburg mit beängstigender Verunsicherung in Teilen der Bevölkerung verbunden.

Bei der Abschlussveranstaltung im Rahmen des Jahresempfangs der Diakonie Ruhr wird der Armutsforscher Prof. Dr. Christoph Butterwegge eine kritische Bilanz ziehen („Armut im Überfluss“).

Unterm Strich besteht das Transferpotential der fünf Veranstaltungen darin, dass sie Vertreter_innen wissenschaftlicher Analyse, kommunaler politischer Praxis und zivilgesellschaftlicher Netzwerkarbeit zusammen mit Studierenden an einen Tisch holen.

Dauer: 26. April – 22. November 2017
Projektleitung: Prof. Dr. Uwe Becker und Prof. Dr. Benjamin Benz
Kooperation-/Praxispartner: Kirchenkreise und Diakonische Werke im Ruhrgebiet
Transferleistungen des Projekts: Transfer zwischen sozialethischer und politischer Wissenschaft, Ausbildung und Praxis im Feld kommunalpolitischer und zivilgesellschaftlicher Handlungsoptionen.
Projekttyp: Eigene Mittel und Mittel der Kooperationspartner